Ehemann Buschhoff hinzu. Frau Buschhoff sagte zu ihrem Gatten: Adolf, wir können dem lieben Gott nicht genug danken, daß unsere Kinder im Bett gestorben sind. Das arme Kind! Es hat vielleicht Mama gerufen, und Niemand hat es gehört. Buschhoff war ganz starr und sagte kein Wort.
Schlosser Schmidthuysen: Am 1. oder 2. Juli v. Js. ging Mölders an meinem Hause vorüber und rief: „Haben Sie noch nicht gehört, daß sie den Juden gepackt haben?“ Ich versetzte: „Nehmen Sie sich in Acht, es sind Juden in der Nähe.“ Mölders erwiderte: Und wenn alle Juden von Xanten dabei sind, dann sage ich doch: „Buschhoff hat es gethan.“ Ich warnte den Mölders, Derartiges zu sagen, wenn er es nicht beweisen könne.
Vertheidiger Rechtsanwalt Stapper: Das war am 1. Juli vorigen Jahres? – Zeuge: Jawohl.
Der Zeuge bekundet im Weiteren: Der verstorbene Jude Paßmann hat mir einmal erzählt: „Ich habe in der Zeitung gelesen, daß man Einen zum Tode verurtheilt hat. Der dumme Kerl hat die That eingestanden.“ Ich erwiderte: „Sein Gewissen wird ihn wohl zu dem Geständniß gedrängt haben.“ Darauf versetzte Paßmann: „Ich kann Ihnen sagen, wenn unter unseren Leuten so etwas passirt, dann kommt es niemals heraus; das bleibt unter uns, wir sind Alle verschwiegen.“
Präs.: Wen mag er wohl mit „unseren Leuten“ gemeint haben? – Zeuge: Ich nehme an, er hat die Juden gemeint. – Präs.: Sie hatten wenigstens diese Auffassung? – Zeuge: Jawohl. – Präs.: Nun, was haben Sie sonst noch zu bekunden? – Zeuge: Vor etwa 3 Wochen wurde mir erzählt und gestern hörte ich es wieder: Als der kleine Hegmann beerdigt wurde, da war Buschhoff gerade bei Evers, um etwas zu unterschreiben. Buschhoff habe dabei derartig gezittert, daß ihm die Hand geführt werden mußte. – Präs.: Wer hat Ihnen das erzählt? – Zeuge: Wilhelm Huiskens, der Schwager von Evers, hat es dem Deckers und dieser hat es mir erzählt.
Es betritt nun Frau Hegmann, die Mutter des ermordeten Knaben, bitterlich weinend den Gerichtssaal.
Präs.: Nun beruhigen Sie sich, Frau Hegmann, das viele Weinen bringt Ihnen Ihr Kind nicht mehr zurück. Was Einem der liebe Gott auferlegt, muß man mit Geduld ertragen. Nach und nach beruhigt sich die Zeugin, und
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/99&oldid=- (Version vom 31.7.2018)