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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

Beuthen, Oberschlesien, als Zeuge vernommen: Auf Grund der ihm gewordenen Mitteilungen und eigenen Beobachtungen habe er es für dringend erforderlich erachtet, Lubecki in eine geschlossene Irrenanstalt zu bringen. Die Irrenanstalt Leubus liege so schön an der Oder und sei eine so ausgezeichnete Pflegeanstalt, daß sie jedem Geisteskranken nur empfohlen werden könne. Er habe nicht gesagt, Leubus sei ein Privatpensionat, sondern nur: Es herrsche in Leubus volle Bewegungsfreiheit, d. h. man könne jederzeit entlassen werden. – Beisitzer Landgerichtsrat Kämpfe: Der Mann konnte doch nicht jederzeit die Anstalt verlassen. – Zeuge: Aber er konnte jederzeit entlassen werden. – Beisitzer: Das ist doch aber etwas ganz anderes. – Vors.: Haben Sie den Mann körperlich untersucht? – Zeuge: Nein, er war ja körperlich gesund. – Vors.: Sie haben den Mann für geistesgestört erklärt hauptsächlich auf Grund von Mitteilungen seiner Frau. – Zeuge: Allerdings. – Vors.: Haben Sie diese Mitteilungen auf ihre Wahrheit geprüft? – Zeuge: Ich nahm an, daß sie wahr sind. – Vors.: Haben Sie dem Mann das, was Ihnen die Frau mitgeteilt, vorgehalten? – Zeuge: Nein. – Vors.: Das ist doch aber die Grundlage aller Rechtsprechung. Man kann doch niemand verurteilen, ehe man ihm nicht das, was gegen ihn vorgebracht wird, vorhält und ihm zur Verteidigung Gelegenheit gibt. Nun hat sich ergeben, daß das meiste, was die Frau vorgebracht, unwahr ist. – Zeuge: Ich würde ihn trotzdem für geisteskrank erklären, da er unaufhörlich von Verfolgungen und Komplotten sprach. Das ist ein Schulbeispiel für Geistesgestörtheit. – Es wurde darauf das Attest des Kreisarztes verlesen, auf Grund dessen die Aufnahme in das Irrenhaus erfolgte. – Kreisarzt Dr. la Roche wiederholte: Lubecki habe auf ihn einen psychopathischen Eindruck gemacht. – Vert.: Haben Sie Veranlassung genommen, mit dem Hausarzt des Herrn Lubecki, der ihn seit 17 Jahren behandelte, Rücksprache zu nehmen? – Zeuge: Nein, ich war der

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/279&oldid=- (Version vom 3.10.2022)