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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

1896 ab und kam Anfang März 1897, kurz vor dem Morde, zurück. Referendar Wolff hatte auch meine Mündel, die jungen Rosengarts, geschlagen. Die Kinder beklagten sich bei mir und sagten: Sie wollten sich von einem fremden Manne nicht schlagen lassen. Ich habe deshalb Wolff zur Rede gestellt. Andererseits befürchtete ich auch, meine Schwester könnte, wenn sie sich mit Wolff verheiratete, es ähnlich wie mit Rosengart machen, da sie zu Lebzeiten Rosengarts, als sie noch in Pillau wohnten, vielfach mit Männern sträflichen Verkehr unterhalten hat. Sie hatte z. B. mit dem Wallmeister Thießen in Pillau und dem Inspektor Grell in Zögershof Liebesverhältnisse unterhalten. Meine Schwester erklärte auf wiederholte Vorhaltungen: sie könne schon deshalb die Verlobung nicht mehr rückgängig machen, da sie den Referendar veranlaßt habe, aus dem Staatsdienst auszuscheiden. Plötzlich hörte ich, meine Schwester sei mit Wolff nach Helgoland abgereist. Da ich vermutete, daß sich das Paar dort trauen lassen wolle, fuhr ich sofort nach Allenstein, um mit Napiesky, dem Schwager des ermordeten Rosengart, und dessen Frau zu beraten, was zu tun sei. Vors.: Und was war das Ergebnis der Beratung? – Zeuge: Ich telegraphierte sofort an die zuständige Staatsanwaltschaft, das Polizeiamt und das Pfarramt nach Helgoland, da es mir zunächst darauf ankam, die Verheiratung in Helgoland zu hintertreiben.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Sie haben also nach Helgoland telegraphiert, unter Umgehung der zuständigen Staatsanwaltschaft? – Zeuge: Allerdings, ich hielt Eile für geboten. – Auf Antrag der Verteidiger wurden die Telegramme und die Strafanzeige des Zeugen an die Königsberger Staatsanwaltschaft verlesen. Es gelangte im weiteren ein Telegramm zur Verlesung, das Frau Napiesky, die Schwester des ermordeten Rosengart, an die Angeklagte nach Helgoland gerichtet hatte. Dies lautete: „Dein Bruder

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)