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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

lenkte sich sogleich auf den Inspektor Rieß. Es war das Gerücht verbreitet, daß letzterer mit Frau Rosengart unlautere Beziehungen unterhalte. Beide hätten deshalb ein Interesse, Rosengart aus der Welt zu schaffen. Es war außerdem bekannt, daß Rieß ein sehr gewandter Schütze war. In seinem Besitz soll sich auch ein Gewehr befunden haben, in das die Kugel, mit der Rosengart erschossen wurde, paßte. Auf dem Gutshof waren noch wenige Wochen vor dem Morde zwei große wachsame Hofhunde. Rieß soll einen Knecht aufgefordert haben, die Hunde aus dem Wege zu räumen. Kurz vor dem Morde waren die Hunde plötzlich spurlos verschwunden. Außerdem stimmten die Fußspuren, die der Mörder hinterlassen hatte, mit mathematischer Genauigkeit mit den Stiefeln des Rieß überein. Frau Rosengart soll auch mehrfach geäußert haben, sie werde ihren Mann aus dem Wege räumen. Diese und noch andere Verdachtsmomente gaben der Staatsanwaltschaft Veranlassung, Frau Rosengart und den Inspektor Rieß zu verhaften. Rieß starb jedoch sehr bald in der Untersuchungshaft und Frau Rosengart mußte nach einiger Zeit wieder entlassen werden, da die Belastungsmomente nicht ausreichend waren. In Sommer 1898 verlobte sich Frau Rosengart mit einem an Jahren bedeutend jüngeren Referendar a. D., namens Wolff, und beschloß, diesen im September 1898 zu heiraten. Kaufmann Adameit, Bruder der Frau Rosengart, hegte die Befürchtung: durch diese Ehe könnten die Rosengartschen Kinder, deren Vormund er war, einen argen Vermögensnachteil erleiden, zumal Wolff vollständig vermögenslos war. Da Frau Rosengart trotz allen gütlichen Zuredens von ihrem Verehelichungsplane nicht abzubringen war, so teilte Adameit der Staatsanwaltschaft mit: seine Schwester habe ihm zugestanden: den Gutsinspektor Rieß bestimmt zu haben, ihren Mann zu erschießen. Im August 1898 fuhr Frau Rosengart mit ihrem Verlobten nach Helgoland. Am Nachmittage des 23. August saß das verlobte

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)