Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/66

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

Reimann und des Verbrecheralbums fest, daß der „Oberinspektor Reimann“ mit dem Lederarbeiter Karl Rudolf Hennig identisch sei. Es wurde sogleich ein Steckbrief erlassen und eine Belohnung von 500 Mark ausgesetzt. Allein, es vergingen mehrere Wochen, ohne daß von dem Raubmörder eine Spur zu entdecken war.

Die Verhaftung und die Flucht Hennigs. Am 6. Februar 1906 kam eine in der Chorinerstraße 54 in Berlin wohnende Witwe Schulz auf das in der Wörtherstraße 1 belegene 17. Polizeirevier mit der Mitteilung: seit einigen Tagen wohne ein junger Mann bei ihr, der sich Heine aus Hamburg nenne. Dieser Mann komme ihr sehr sonderbar vor; nachdem sie das Bildnis des steckbrieflich verfolgten Raubmörders Hennig gesehen, vermute sie in dem angeblichen Heine den Raubmörder Hennig. Der Reviervorsteher beauftragte sofort zwei Kriminalbeamte, sich den angeblichen Heine aus Hamburg näher anzusehen. Die beiden Kriminalbeamten forderten, in der Wohnung der Witwe Schulz angelangt, den angeblichen Heine auf, ihnen zu folgen. Letzterer entsprach sogleich auf das bereitwilligste dieser Aufforderung. Ob die Beamten in dem angeblichen Heine den vielgesuchten Raubmörder Hennig erkannten, ist nicht festgestellt worden. Auf der Treppe zur Revierwache drehte sich Hennig, denn er war es, plötzlich um, riß einen Revolver aus der Tasche und schlug auf den ihm folgenden Kriminalschutzmann Wolk an. Glücklicherweise war die Waffe gesichert, so daß sie versagte. Hennig drehte nun den Revolver um und versetzte dem Beamten einen Hieb über den Kopf, so daß der Beamte zur Erde taumelte. In rasender Flucht stürzte darauf Hennig davon, hinter ihm eine von Sekunde zu Sekunde größer werdende Menschenmenge. Während des Laufens war es Hennig gelungen, die Schußwaffe zu entsichern. Einen Postbeamten, der ihn aufhalten wollte, streifte seine Kugel. Der Mörder stürmte in das offenstehende Haus Schönhauser Allee 28, eilte auf den Boden und kroch durch eine enge Luke aufs

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)