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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Stabsarzts Dr. Skorzewski und des Medizinalrats Dr. Rossini (Essen) war zu entnehmen: Der Tod des Hartmann ist durch einen Stich in die Lunge infolge Verblutens eingetreten. Der Stoß mit dem Dolche muß mit großer Heftigkeit geführt worden sein. Der Sektionsbefund ergab, daß Hartmann keine großen Quantitäten Alkohol getrunken hatte. – Es gelangten darauf die Briefe des Angeklagten zur Verlesung. In einem Briefe bat der Angeklagte die Eltern des Hartmann um Verzeihung. „Ich bedaure den traurigen Ausgang, aber meine harte, harte Soldatenpflicht hat mich genötigt, so zu handeln.“ – In Briefen an seine Mutter bat der Angeklagte auch diese um Verzeihung. „Gott der Allgütige wird mich nicht verlassen,“ so etwa heißt es in diesen Briefen, „denn ich habe nur so gehandelt, wie ich handeln mußte. Ich werde freimütig vor meine Richter treten und ihnen sagen, daß ich nicht anders handeln konnte. Wenn ich dennoch bestraft werden sollte, so werde ich mich in mein Schicksal fügen. Ich habe aber das frohe Bewußtsein, meine Ehre unverletzt erhalten zu haben. Ehre ist doch das höchste Gut des Menschen. Mir schwebt dabei die Rede des Geistlichen vor, die dieser am Sarge unseres in Gott ruhenden Vaters gehalten hat, indem er sagte: der Vater hat sein Bestes für seinen guten Namen und seine Ehre darangesetzt. Wenn ich meinem guten Vater in allen Dingen gefolgt wäre, dann stände es heute zweifellos besser um mich, aber wenn ich wieder in Freiheit bin, dann werde ich mich bemühen, in die Fußstapfen meines guten Vaters zu treten. Gott, der die Liebe selbst ist, wird Dich, mein gutes Mütterchen, nicht verlassen. Du brauchst Dich, geliebtes Mütterchen, nicht zu grämen, ich werde sicherlich freigesprochen. Auf das Gerede ungebildeter Leute, die nicht wissen, was Ehre ist, braucht man doch nichts zu geben. Gott wird schon alles zum Besten lenken. Ein Gefängnisschließer sagte mir: Fähnrich, Sie haben nichts zu befürchten, Sie haben so gehandelt, wie Sie als Ehrenmann handeln mußten. Ich vertraue auf den Erlöser Jesus Christus, heute,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)