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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/151

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

mitgemacht. Der Angeklagte ist leicht erregt, launenhaft; er hat vor zwei Jahren einen Selbstmordversuch unternommen. Alles in allem: Der Angeklagte ist ein erblich belasteter, degenerierter‚ hysterischer Mensch, der hart an der Grenze der Geistesgestörtheit steht; er befindet sich aber nicht in einem Zustande, der jetzt oder zur Zeit der Tat seine freie Willenstätigkeit ausschließt. – Der Sachverständige bemerkte noch auf Befragen des Vorsitzenden: Der Zustand des Angeklagten erklärt seine Unstetigkeit, er leidet aber nicht an Dämmerzuständen. Wenn der Angeklagte wirklich der Täter war, so ist es erklärlich, daß es ihm vorkam, als wenn seine Kollegen die Köpfe zusammensteckten und ihn mißtrauisch ansahen. Ihm (Sachverständigen) habe es geschienen, als ob der Angeklagte sich im Gefängnis bemühe, Glauben zu machen, daß er nicht geistesgesund sei. Er habe es deshalb für seine Pflicht erachtet, den Antrag zu stellen, den Angeklagten auf sechs Wochen einer Irrenanstalt zur Beobachtung zu überweisen. – Der Angeklagte sprang bei diesen Worten auf und schrie in großer Erregung: Ich bin nicht geistesgestört und gehe auf keinen Fall mehr ins Irrenhaus! Der Angeklagte schlug dabei mit der Hand heftig auf die Anklagebank. – Vors.: Angeklagter, Sie haben den Gerichtsarzt mißverstanden. Er hat nur gesagt, daß er den Antrag gestellt habe, Sie zur Beobachtung einer Irrenanstalt zu überweisen. Von einer nochmaligen Überweisung kann gar keine Rede sein. – Der Direktor der Irrenanstalt „Grafenberg“, Sanitätsrat Dr. Perretti schloß sich im wesentlichen dem Gutachten des Gerichtsarztes Dr. Klein an. Er bemerkte auf Befragen: Es sei nicht unmöglich, daß der Angeklagte in bewußtlosem Zustande behauptet hat, er sei nicht in Dortmund und noch niemals in Koblenz gewesen. Es sei auch nicht unmöglich, daß der Angeklagte in demselben Zustande sich fälschlich der Täterschaft bezichtigt. Man könne dabei nur mit Möglichkeiten, nicht mit Wahrscheinlichkeiten rechnen. – Gerichtsarzt Dr. Klein bestätigte dieses Gutachten. Es sei allerdings kaum

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/151&oldid=- (Version vom 31.7.2018)