Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/18

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

worden. Es war selbstverständlich ausgeschlossen, daß er das Geld noch einmal ausgezahlt erhalten hätte, er bezweckte aber, einen neuen Scheckbrief zu erhalten. – Vors.: Jedenfalls war dies Verhalten ein unlauteres. – Der Angeklagte schwieg.

Der Angeklagte erzählte ferner auf Befragen des Vorsitzenden: Im Sommer 1906 sei er eine Zeitlang mit Frau, Kind und einem Kindermädchen in der Schweiz gewesen; er gebe zu, auch dort mit seiner Familie sehr luxuriös gelebt zu haben. – Vors.: Das Geld, das Sie auf den Scheck in Wien ausgezahlt erhalten hatten, es waren etwas über 8000 M., war damals Ihr einziges Geld? – Angekl.: Jawohl. – Vors.: Sie haben damals eine Zeitlang mit Frau und Kind bei Ihrer Schwiegermutter in Baden-Baden gewohnt? – Angekl.: Jawohl. – Vors.: Ende Oktober 1906 sind Sie mit Ihrer Frau, Kind und Ihrer Schwägerin, dem Fräulein Olga Molitor, nach Paris gereist? – Angekl.: Jawohl. – Vors.: Hatten Sie Beziehungen zu Fräulein Olga? – Angekl.: Darüber verweigere ich die Auskunft. – Vors.: War Ihre Frau eifersüchtig auf Ihre Schwägerin? – Angekl.: Das weiß ich nicht. – Vors.: Wenige Tage nachdem Sie in Paris waren, kam an Ihre Schwiegermutter aus Paris nach Baden-Baden ein Telegramm folgenden Inhalts: „Komme sofort nach Paris, Olga sehr krank; reise mit nächstem Zuge. Lina.“ Frau Molitor reiste sofort nach Paris und erfuhr hier, daß Olga nicht krank und das Telegramm gefälscht war. Haben Sie das Telegramm geschrieben? – Angekl.: Darüber verweigere ich die Antwort. (Große Bewegung im Zuhörerraum.) – Vors.: Ich brauche wohl kaum darauf aufmerksam machen, daß es ein wesentlicher Unterschied ist, ob man etwas in Abrede stellt oder die Antwort verweigert. Sie haben bisher bestritten, das Telegramm geschrieben zu haben. – Angekl.: Ich habe immer erklärt, bezüglich des Telegramms die Antwort zu verweigern. – Vors.: Es ist jedenfalls sehr verdächtig, daß Sie bezüglich dieses für das vorliegende Verbrechen so überaus wichtigen Telegramms weder die Verfasserschaft

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)