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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/215

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

erschieße ich die Grünröcke? – Kneißl: Auch das ist eine Lüge. – Vors.: Einem Mädchen sollen Sie einen silbernen Knopf geschenkt und gesagt haben: „Das gebe ich dir zum Andenken, ich bin der zweite bayrische Hiesel.“ – Kneißl: Dem Mädchen habe ich nur einen Taler zum Andenken geschenkt, ich habe aber nicht gesagt, ich bin der zweite bayrische Hiesel. – Vors.: Weshalb schenkten Sie dem Mädchen den Taler zum Andenken? – Kneißl: Ich dachte, ich komme doch sobald nicht mehr heraus, vielleicht überhaupt nicht mehr, deshalb will ich dem Mädchen einen Taler zum Andenken schenken. – Vert. Rechtsanwalt Dr. v. Pannwitz: Ich ersuche, den Angeklagten zu fragen, ob es wahr ist, daß sein Vater ihm eingeschärft hat, nicht auf Gendarmen zu schießen. Es seien dies auch Menschen, zumeist Familienväter. Wenn man einen solchen Mann erschießt, dann belastet man sein Gewissen, eine Familie ihres Ernährers beraubt zu haben. – Vors.: Ist das richtig? – Kneißl: Jawohl, Herr Präsident, das hat mein Vater zu mir gesagt. – Vors.: Sie haben diese Lehre beherzigt, indem Sie auf zwei Gendarmen in Irchenbrunn geschossen haben, so daß der eine sofort tot war, der andere nach kurzer Zeit verstarb? – Kneißl: Ich konnte ja gar nicht sehen, daß es Gendarmen waren. – Auf Antrag des Verteidigers wurde ein Brief verlesen, den Kneißl 1895 aus dem Gefängnis an seine Mutter geschrieben hat. In diesem erinnerte Kneißl an die erwähnte Lehre seines Vaters. – Staatsanwalt: Hat der Herr Verteidiger außer diesem Brief noch einen anderen Beweis? – Vert.: Nein, dieser Brief ist aber zu einer Zeit geschrieben, als der Angeklagte nicht wissen konnte, daß er ihm zu einem gerichtlichen Beweis dienen könnte. – Die erste Zeugin war die Bauernhofsbesitzerin Ottilie Scheurer: Am 25. Oktober 1900 um die Mittagszeit, als sie gerade mit ihrem Mann und ihren Kindern bei Tisch saß, habe es bei ihnen angeklopft. Es seien zwei junge Männer ins Zimmer getreten, die sich als Hopfenhändler aus Nürnberg bezeichneten und vorgaben, Hopfen kaufen zu

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)