Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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Nußdorf? – Zeuge: Das ist richtig. – Vert.: Der Stationskommandant soll das auch mehrfach beim Zappelwirt gesagt haben? – Zeuge: Das weiß ich nicht. – Zappelwirt Bennroith: Stationskommandant Saalfrank sagte: Kneißl habe mehrere Jahre im Gefängnis gesessen, einen solchen Menschen darf man nicht reizen. – Vert.: Hat Saalfrank nicht auch gesagt: Einen solchen Menschen darf man nicht in Nußdorf dulden? – Zeuge: Das habe ich nicht gehört. – Ein anderer Zeuge bestätigte jedoch die Frage des Verteidigers. Weitere Zeugen bekundeten: Kneißl habe sich große Mühe gegeben, Arbeit zu erhalten, er sei aber überall abgewiesen worden. Kneißl sei schließlich sehr traurig aus Nußdorf fortgegangen. – Schutzmann Schalt (München): Er sei bei der Gefangennahme des Kneißl in Geisenhofen gewesen. Die Beamten seien sämtlich erregt gewesen. Er selbst habe in der Erregung den Schatten seiner eigenen Waffe für die des Kneißl gehalten und deshalb geschossen. Er habe sich aber bald überzeugt, daß Kneißl keine Waffe hatte. Die Gendarmen waren so erregt, daß sie blindlings auf Kneißl einschlugen‚ so daß er (Zeuge) und noch einige andere Münchener Schutzleute ihn mit ihrem Körper schützen mußten. Er habe eine Anzahl heftiger Stöße von den Gendarmen erhalten. – Die Kriminalschutzleute Kramer und Kleilein bestätigten diese Bekundung. Kleilein bemerkte auf Befragen des Vorsitzenden: „Die Schutzleut’ haben für Kneißl tüchtig Schläg’ kriegt.“ (Heiterkeit im Zuhörerraum.) – Vert. R.-A. Dr. v. Pannwitz: Wenn Kneißl der mutige Mann wäre, als welcher er geschildert wird, hätte er alsdann nicht mindestens sechs Beamte erschießen können? – Zeuge: Das hätte er allerdings können. – Kellnerin Maria Dietrich: Sie habe mit Kneißl sieben Jahre lang in Unterweikertshofen die Schule besucht. Kneißl sei keineswegs schlecht, sondern im Gegenteil sehr folgsam gewesen. Er sei aber sowohl vom Pfarrer, als auch vom Lehrer, augenscheinlich aus Haß gegen die Familie, sehr schlecht behandelt worden. Die „Kneißl-Buben“
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/224&oldid=- (Version vom 31.7.2018)