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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

sagte: Sie haben doch nicht dabei gestanden und können es nicht beurteilen. – Vert.: Hat dich Herr Stierstädter nach oben gebracht? – Zeugin: Nein, Herr Stierstädter war auch oben, um vernommen zu werden. Wir wurden gegenübergestellt, ich habe gesagt, er habe mir die erste Aussage ja eingeredet, Herr Stierstädter hat es bestritten, ich bin aber dabei geblieben. – Vert.: Du hast also vor dem Untersuchungsrichter genau so ausgesagt wie hier? – Zeugin: Ja.

Die medizinischen Sachverständigen begutachteten, daß Frida Woyda ein Kind von deutlich krankhafter Veranlagung sei, die eine sexuelle Grundlage habe. Frida Woyda sei zu allen Lügen fähig. Der sexuelle Akt mit Sternberg könne gar nicht so ausgeführt sein, wie ihn das Mädchen geschildert habe. –

Am letzten Verhandlungstage nahm das Wort zur Schuldfrage Staatsanwalt Braut: Meine Herren Richter! Im vorigen Prozeß hat Frida Woyda, von Abweichungen abgesehen, erzählt: Als sie ungefähr acht Tage bei der Fischer gewesen sei, habe ihr diese eines Tages gesagt, der Hausarzt sei gekommen, sie zu untersuchen. Bei Beginn dieses Prozesses ein ganz anderes Bild: Frida Woyda hat alles vergessen, weiß sich kaum noch zu erinnern auf das, was sie damals gesagt hat, und sagt: es ist alles nicht so gewesen. Wenn man nach den Motiven für diese Änderung der Aussage sucht, so war bei dem ungeheuren Maß von Beeinflussungen, das bei diesem Prozeß zur Anwendung gekommen, der erste Gedanke nicht: ist die Frida Woyda beeinflußt? sondern: wer hat sie beeinflußt? Zunächst lag der Gedanke nahe, an Blümkes zu denken. An diese ist früh der Versucher herangetreten, schon im ersten Stadium des Verfahrens hat Rechtsanwalt Möhring die Scheding zu Blümkes geschickt mit dem Auftrag, dafür zu sorgen, daß Frida Woyda zu Blümkes komme gegen ein Monats- oder Jahresgehalt von 200 M. Dann ist bei Blümkes Wolff gewesen, der dem Mann schriftliche Arbeiten für das „Fremdenblatt“ in Aussicht gestellt und versprochen hat,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/295&oldid=- (Version vom 1.8.2018)