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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

er hat sich als Beamter des Ehebruchs schuldig gemacht und dafür wird er die Folgen zu tragen haben. Aber er hat unter seinem Eide erklärt, daß es nur einmal geschehen ist. Und da ist denn Sternberg die geeignete Persönlichkeit, um auf Stierstädter den ersten Stein zu werfen! – Es erschienen die Artikel in der „Morgenpost“, die Fischer war verschwunden. Da kam der Vater der Hedwig Ehlert zu Stierstädter und teilte ihm mit, daß seine Tochter verschwunden war. Stierstädter forschte im Hause nach, in welchem die Fischer gewohnt hatte, und erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß die Frida Woyda auch dort gewesen und zu den Schindlerschen Eheleuten gebracht worden sei. Nach einigen Tagen holte er die Frida in einer Droschke aus der Schule ab. Er soll nun unterwegs, wie Frida Woyda behauptet, sie in ärgster Weise beeinflußt haben. Ich glaube es nun und nimmermehr. Wie das Kind selbst erklärt hat, hat sie zu ihm gesagt: „Belästigen Sie mich nicht, ich werde oben die Wahrheit sagen!“ Darauf wird sie vom Kriminalkommissar v. Tresckow vernommen, einem Beamten, gegen dessen Urbanität und loyales Verhalten wohl nichts einzuwenden ist. Vor ihm gibt Frida alle die belastenden Tatsachen gegen Sternberg zu Protokoll. Sternberg wird geholt. Er bestreitet, die Frida zu kennen, und fragt schließlich: Wie alt ist das Kind? – „Es ist unter 14 Jahren, Herr Sternberg“, erwiderte der Beamte. Die Woyda wird dann vom Untersuchungsrichter vernommen, sie gibt haarklein dieselbe belastende Aussage ab und als sie dann in der Verhandlung, auf das eingehendste zur Wahrheit ermahnt, vernommen wird, da wiederholt sie ihre früheren Aussagen. Und dies alles soll der Beeinflussung des Herrn Stierstädter zuzuschreiben sein? Ich halte dies für vollständig ausgeschlossen, abgesehen davon, daß es mit der Persönlichkeit des Stierstädter unvereinbar ist. Er soll mit den großen Augen gerollt haben. Ich glaube kaum, daß einer im Gerichtssaale bemerkt hat, daß Stierstädter große Augen hat und damit rollen kann. Frida Woyda hat von dem, was Sternberg mit

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/299&oldid=- (Version vom 1.8.2018)