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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

lange Jahre hindurch in zügelloser Weise geschlechtlichen Ausschweifungen gefrönt hat. Er selbst hat zugegeben, daß er, obgleich er verheiratet ist, häufig mit Frauenspersonen verkehrte, die ihm von Kupplerinnen, darunter der Margarete Fischer, zugeführt wurden. Nach der Beweisaufnahme waren es 30–50 in einem halben Jahre. Weiter ist erwiesen, daß Sternberg seine sträfliche Begierde besonders auf unerwachsene Mädchen gerichtet hat. Dies ergibt sich schon aus einem früheren Urteil, ferner daraus, daß Margarete Fischer, welche die Maler-Modelle zu Unzuchtszwecken anlockte, nur Mädchen von 14–16 Jahren verlangte und daß Barbier Sandmann Mädchen im gleichen Alter ein- und ausgehen sah. Der Pfeffer gegenüber hat der Angeklagte Sternberg offen erklärt, daß er nur an Mädchen jugendlichen Alters Gefallen finde und daß ihm 15jährige schon zu alt seien. Seine Geneigtheit, seine Begierden zu befriedigen und dabei nicht bloß die Grenzen der Sittlichkeit, sondern auch die des Strafgesetzbuches zu überschreiten, wird dadurch bewiesen, daß er die Pfeffer zu schwerer Kuppelei anhalten wollte und ihr auf ihre Bedenken eine zynische Äußerung machte. Nach alledem ist Sternberg ein Mann, dem man die Begehung solcher Straftaten zutrauen kann.

Was die Verbrechen gegen die Woyda betrifft, so hat der Gerichtshof auf Grund des Gesamtergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, daß sich der Vorgang so zugetragen hat, wie ihn die Frida Woyda in der früheren Verhandlung geschildert hat, daß namentlich dreimal unzüchtige Handlungen dieser Art mit ihr vorgenommen worden sind. Daß in Einzelheiten sich Abweichungen vorfinden, ist sehr erklärlich. Frida war damals ein Kind mit freundlichem offenen Wesen. Sie zeigte Schamhaftigkeit und sprach zunächst mit niemandem über ihre Erlebnisse. Die erste Mitteilung hat sie erst gemacht, als sie darum befragt wurde, und dann hat sie der Frau Schindler gesagt, daß sie sich geschämt habe. Weinend hat sie wiederholt, daß sie nicht dafür könne. Frida wußte,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/324&oldid=- (Version vom 31.7.2018)