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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/326

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

immer zu sagen: „Ich weiß es nicht.“ Das behält sich leichter, als die bogenlangen Instruktionen, die ihr angeblich auf dem Gerichtskorridor oder auf der Straße beim Rasseln der Wagen eingepaukt sein sollen. Alle Behauptungen Sternbergs, daß ein Komplott gegen ihn geschmiedet sei, um ihn zu verderben, daß die Pfeffer, die Clara Fischer usw. sich an ihm rächen wollen, erscheinen dem Gerichtshof völlig widerlegt. Daß ferner eine Anwendung von Gewalt nicht vorgekommen, zeigt schon der Brief der Margarete Fischer vom 1. Mai, der vom Gerichtshof als das Geständnis einer schuldbeladenen Seele aufgefaßt worden ist. Das Gericht hat sich hiernach auch für zuständig in dieser Sache erachtet.

Die Teichertsche Tat wird nachgewiesen durch die Callis in Verbindung mit der eigenen Aussage der Teichert und des Angeklagten selbst. Nach Ansicht des Gerichts hat der Angeklagte gewußt oder annehmen müssen, daß die Teichert damals noch nicht 14 Jahre alt war. Herr v. Tresckow‚ Herr Stierstädter und andere haben bekundet, daß das Mädchen damals noch den Eindruck eines Schulkindes machte. Nach der Überzeugung des Gerichts hat der Angeklagte, selbst wenn die Teichert gesagt haben sollte, sie sei schon 14 Jahre, mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß sie doch noch unter 14 Jahre alt sei. Sein Bestreben ging eben dahin, mit möglichst jungen Mädchen Verkehr zu haben. Sonach liegen drei Verbrechen gegen die Sittlichkeit im Falle Woyda, eins im Falle Teichert vor. Der Fall Callis scheidet aus, weil dies Mädchen schon über 14 Jahre alt war.

Was die Zumessung der Strafe betrifft, so kann der Gerichtshof bezüglich des Falles Woyda nicht über das früher erkannte Strafmaß von zwei Jahren Gefängnis hinausgehen; es liegt aber auch kein Anlaß vor, die Strafe zu ermäßigen. Der Fall Teichert liegt milder als der Fall Woyda; hier ist die moralische Schädigung nicht so groß, denn die Teichert war schon früh verdorben, während die Frida Woyda ein unschuldiges, in Pflege gegebenes Waisenkind war. In der ersten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/326&oldid=- (Version vom 31.7.2018)