Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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Fleischfasern. Als sie Dienstag, den 13. März, zu Lewys kam, habe Frau Lewy gesagt: „Solch ein Mord! Solch ein Mord! Dem Mörder müßte jedes Glied einzeln gebrochen werden.“ Am folgenden Tage sei sie wieder zu Frau Lewy gegangen und habe diese gefragt: Sie könne ihr kein Dienstmädchen besorgen, weil der Mord in ihrer (der Lewyschen) Wohnung passiert sei. Darauf habe Frau Lewy erwidert: „Der Mord kommt bei Gott niemals heraus, denn die jüdische Gemeinde ist sehr reich.“ Ferner erzählte Frau Roß auf Befragen des Vorsitzenden: Am 1. Osterfeiertage sei ein Knecht zu ihr gekommen, von dem sie aber, da er keine Papiere bei sich hatte, keinen Vermerk in ihr Buch machte. Dieser Knecht habe ihr erzählt, daß er am 11. März den Zug verpaßt habe; er sei nachts zur Stadt zurückgegangen und dort habe er die Leute gesehen, welche ein Paket nach dem See trugen. – Frau Berg bestätigte im wesentlichen die Angaben ihrer Mutter, der Frau Roß. Sie sei, ebenso wie ihre Mutter, Sonntag, den 22. April, vom Oberlehrer Hofrichter und Zahnarzt Maibauer vernommen worden. – Frau Maßloff bemerkte auf Befragen des Vorsitzenden: Sie habe in der Lewyschen Wohnung eine Uhrkette und die Photographie von Winter gesehen. Seit dem Morde habe es in ihrer Wohnung „gespukt“, sie seien deshalb ausgezogen. (Allgemeine Heiterkeit.) – Professor Dr. Paszotta, der Leiter des meteorologischen Instituts in Konitz, bekundete: In der Nacht vom 11. zum 12. März waren 3 Grad Kälte. Der Mond stand über dem Mönchsee so tief, daß die hintere Straße ohne Schatten war, dagegen konnte der Mond nicht in die Höfe der Häuser an der Danzigerstraße hineinscheinen. Maßloff hatte behauptet, daß im Hofe von Lewy Mondschein war. – Gerichtsarzt, Sanitätsrat Dr. Mittenzweig bekundete: Die Abgabe des Gutachtens ist erschwert, weil die Leichenteile einige Zeit im Wasser und dann noch 15 Tage im Spiritus gelegen haben, und weil man es nicht mit einem ganzen Leichnam, sondern nur mit einzelnen Teilen zu tun
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/100&oldid=- (Version vom 2.2.2023)