Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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und Abend des 11. März verhandelt. Die Geschworenen fragten alle christlichen Alibizeugen bezüglich Lewy, ob sie von letzterem beeinflußt worden seien. Diese Frage wurde von allen Zeugen verneint. – Im Laufe der Verhandlung erschien eine Frau Wiriorra als Zeugin: Im Dezember 1899 oder im Januar 1900 sei sie eines Tages als einzige Kundin im Laden von Matthäus Meyer gewesen. Zunächst seien nur Frau und Fräulein Meyer im Laden gewesen. Sehr bald darauf seien Herr Meyer und ein fremder Mann in den Laden getreten. Sie gingen in den Hintergrund des Ladens. Alsdann habe Frau Meyer sie (Zeugin) gefragt, ob sie Ernst Winter kenne, und als sie dies bejahte, habe Frau Meyer gemeint: das sei nicht gut. Fräulein Meyer habe hinzugefügt: „Mama, was geht denn dich das an.“ Sie habe sich gedacht, daß es sich bei der ganzen Sache um eine Überraschung für Tuchlers, etwa um einen gemeinsamen Gesang, oder so etwas gehandelt habe. – Witwe Hellwig: Sie sei vor längerer Zeit einmal bei Matthäus Meyer im Laden gewesen. Meyer sei mit Frau und Tochter und einem fremden Juden aus einem Hinterzimmer gekommen. Der Fremde ging fort. Sie (Zeugin) habe gefragt, ob dieser Mann die Abgaben haben wollte. Da sagte Matthäus Meyer: „Abgaben gerade nicht, ich werde ihm schon so viel geben, daß er zufrieden ist.“ Frau Meyer sagte, es sei eine Verschwörung gegen einen jungen Herrn. Frau und Fräulein Meyer fragten sie, ob sie den Winter kenne, und eine von ihnen meinte dann: „Da kommt er“, und als sie hinsehen wollte, da hieß es, er sei es nicht. Meyers haben sie dann nach ihrer Religion befragt. Hellwig habe geantwortet, sie sei katholisch. Da sagten Meyers, das wäre gut; denn Winter sei evangelisch. Frau Hellwig fragte, was Winter verschuldet habe, ob er jemand umgebracht habe; darauf sagten die Meyerschen: „Nein.“ Frau Meyer sagte noch, sie brauchten das Blut nicht zur Mazze, auch nicht zum Händewaschen oder so etwas, sondern nur zum
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/103&oldid=- (Version vom 2.2.2023)