Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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(Berlin), Maßloff im Hotel Kühn vernommen habe. Er (Wienecke) habe zu Maßloff gesagt: Haben die Juden im Lewyschen Keller hebräisch gesprochen? Ja, ja, sie haben hebräisch gesprochen, habe Maßloff geantwortet: Er (Zeuge) habe überhaupt die Wahrnehmung gemacht, daß in Konitz ungeheuer viel gelogen werde. – Krankenhausarzt Dr. Lukowitz: Eisenstädt sei im März im Krankenhause gewesen, da er sich eine Blutvergiftung zugezogen hatte. Er hatte ihm am Montag, den 12. März Nachturlaub erteilt. Jedenfalls wäre Eisenstädt nicht im Stande gewesen, den Mord zu begehen, da er die rechte Hand in der Binde trug. – Krankenschwester Feliese bekundet: Eisenstädt sei in der Nacht vom 11. zum 12. März nicht im Krankenhause gewesen. Eine zweite Krankenschwester bestätigte das. Die Zeuginnen blieben bei dieser Behauptung, obwohl ihnen der Vorsitzende vorhielt: eine ganze Anzahl Zeugen haben bekundet: Eisenstädt habe in der Nacht vom 12. zum 13. März Nachturlaub gehabt, und sei am Montag, den 12. März in Schlochau gewesen. – Kriminalinspektor Braun: Er habe am 15. Mai nochmals mit dem Angeklagten Maßloff einen Lokaltermin abgehalten. Maßloff konnte nichts sehen. Auch bei Lampenschein konnte er die Personen nicht genau erkennen. Er habe den Zeitungsverleger Bruhn gesagt, daß die Angaben Maßloffs unglaubwürdig seien. Darauf habe Bruhn bemerkt: Die Polizeibeamten seien zu einseitig, weil sie die Sache nicht vom politischen Standpunkte aus betrachteten. Er (Braun) habe darauf erwidert: Er habe den Mörder zu suchen und nicht Politik zu treiben. Bruhn habe darauf bemerkt: Es handelt sich um eine eminent politische Angelegenheit. Er (Braun) habe den Lewyschen Keller aufs Gründlichste untersucht, aber keine verdächtige Spur gefunden. Die Spinnengewebe waren so dick, daß kein Nagel und kein Brett, also auch kein Vorhang an den Kellerfenstern gewesen sein konnte. Die Recherchen waren furchtbar schwierig, weil die Bevölkerung ungemein aufgeregt war.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/112&oldid=- (Version vom 8.2.2023)