Graf Moltke aus dem Lichtkreise des deutschen Lebens verschwinden. Ich kann deshalb wohl sagen: causa finita! – Der Gerichtshof lehnte auch die neueren Beweisanträge des Privatklägers ab. – Am zweiten Verhandlungstage beantragte Justizrat Dr. v. Gordon, eine Anzahl Zeugen zu laden, die bekunden werden: Graf Moltke habe den Verkehr mit edlen Frauen direkt gesucht und im Verkehr mit solchen Frauen sich in jeder Beziehung ritterlich benommen. Namentlich habe Graf Moltke über Ehe und Familie stets eine tief ethische und hohe Auffassung bekundet. Bei seiner vornehmen, idealen Gesinnung sei es vollständig unmöglich, daß er sich in bezug auf Ehe und Familie in so unglaublicher, zynischer, herabwürdigender Weise geäußert haben könnte, wie die Zeugin Frau v. Elbe gestern behauptet habe. – Ferner wurde die Verlesung eines Briefes der Frau von Elbe aus der Zeit, wo schon die Ehe getrennt war, beantragt. Aus diesem werde hervorgehen, daß die Äußerungen, die sie hier über das Verhältnis zu ihrem Manne gemacht hat, unzutreffend sein müssen. In diesem Brief erkläre die Zeugin, daß sie große Reue über ihr ganzes Verhalten empfinde und schmeichelnde, liebevolle Worte hinzufüge, die beweisen, es sei unmöglich, daß eine Frau, die so schreibt, in der Weise behandelt sein könnte, wie sie gestern geschildert habe. – Justizrat Bernstein: Im Interesse des Beklagten muß ich den Beweis führen, daß die Behauptung der Klage, nicht politische, sondern andere Gründe hätten den Beklagten veranlaßt, die Artikel zu schreben, falsch ist. Ich nehme für den Beklagten das, wofür die klägerische Partei ihn bestraft wissen will, als ein Verdienst um das deutsche Volk in Anspruch. Ich behaupte und will beweisen, daß der Beklagte mit diesen Artikeln Zustände bekämpft hat, die des Bekämpfens wert waren, Männer als Politiker zu vernichten gesucht hat, die als Politiker der Vernichtung wert waren, und daß es sein Verdienst ist, wenn diese Männer keinen politischen Einfluß mehr haben,
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/180&oldid=- (Version vom 17.12.2023)