Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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ging nicht mehr aufs Gericht und führte mit der Tarnowska ein Leben in Saus und Braus. Auf einige Fragen bekundete der Zeuge: Die Tarnowska ließ den Borgewski auf ihr Landgut kommen und behielt ihn dort bei sich, bis ihr Mann eintraf. Stahl selbst hat im Prozeß wegen der Tötung Borgewskis folgende Aussage gemacht: Borgewski forderte Tarnowski und sagte ihm, er hasse ihn und liebe seine Frau; Stahl mußte, hinter einem Vorhang verborgen, dieser Szene beiwohnen, um Zeuge der Herausforderung zu sein. Die Tarnowska habe, wie Prilukow nach den Akten des Prozesses erzählte, jede Gelegenheit benutzt, um ihren Mann auf Borgewski eifersüchtig zu machen. Sehr wichtig für die Bildung eines Urteils, wie sich das Verhältnis Prilukows zur Tarnowska entwickelt hatte, waren 28 Briefe und Telegramme, die der Zeuge, Rechtsanwalt Mankowsky, im Bureau Prilukows unter den die Tarnowska betreffenden Briefen gefunden hatte. Die Tarnowska bestritt, daß diese Briefe von ihr geschrieben seien, Prilukow dagegen behauptete es auf das bestimmteste. Die Briefe wurden darauf, obwohl die Verteidigung der Tarnowska sich widersetzte, dem früheren Bureauvorsteher Prilukows, Wassili Schmajewsky gezeigt. Dieser erkannte alle als von der Tarnowska herrührend; sie waren alle durch seine Hand gegangen, und er hatte sie zum Teil mit Nummern versehen. Schmajewsky bestätigte die Aussage Mankowskys: sobald Prilukow mit der Tarnowska in Beziehungen trat, ging es mit ihm abwärts. Als er einmal Prilukow telephonisch ersuchte, er solle eilig ins Bureau kommen, antwortete eine weibliche Stimme: „Ich lasse ihn nicht fort!“ (Heiterkeit) – Ein früherer Schreiber des Angeklagten Prilukow bekundete, als ihm die 28 Briefe der Tarnowska vorgelegt wurden: Er erkenne sie bestimmt wieder; er habe sie persönlich registriert, sie seien unzweifelhaft von der Tarnowska geschrieben. – Ein fernerer Zeuge war Advokat Naum Alperi (Petersburg): Er kenne Prilukow seit zwölf Jahren, seitdem
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/53&oldid=- (Version vom 5.1.2023)