Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4 | |
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er steckt es nur niemals zu sich, weil er sich kennt. Sowie der Kerl besoffen ist, macht er davon gefährlichen Gebrauch. – Kriminalkommissar Wehn sagte noch: Die Ermahnungen des Lehrers und der Mutter haben zweifellos auf das Kind ihren Einfluß nicht verfehlt. Daher erklärt es sich auch, daß, als der Mörder es sittlich angriff, es sich heftig gesträubt und geschrien hat. – Kriminalschutzmann Siegel: Es sei ihm aufgefallen, daß, als er am Abend des 11. Juli in der Liebetruthschen Wohnung gewesen, der Fußboden sauber aufgewaschen war. – Frau Gottschall machte eine ähnliche Bekundung. – Fräulein Seiler: Die Liebetruth habe ihr erzählt, sie habe ihr, als sie in das Gefängnis nach der Barnimstraße ging, die Schlüssel ihrer Wohnung geben wollen. Da habe Berger gesagt: „Was, der Seiler willst du die Schlüssel geben, traust du mir die Schlüssel nicht an?“ Daraufhin habe die Liebetruth dem Berger die Schlüssel gegeben. Am Donnerstag, den 9. Juni, nachmittags, habe sie an die Liebetruthsche Wohnung geklopft, um zu sehen, ob der Hund heruntergelassen worden sei, es sei ihr aber nicht geöffnet worden. – Frau Schreiber: Sie wohne über der Liebetruthschen Wohnung. Am Abend des 9. Juni gegen 8 Uhr habe sie an der Liebetruthschen Wohnung geklopft, sie wollte der Liebetruth etwas sagen. Es sei ihr aber nicht geöffnet worden. – Vors.: Berger behauptet, er sei bis 10 Uhr abends zu Hause gewesen. Sie wissen aber genau, daß Sie vor 10 Uhr geklopft haben? – Zeugin: Ich glaube, es war nicht später als 8 Uhr. – Ein weiterer Zeuge war Handelsmann Streichhahn. Der Vorsitzende forderte den Zeugen auf, seine Vorstrafen anzugeben. – Zeuge: Dann bitte ich, zunächst die Öffentlichkeit auszuschließen. (Allgemeine Heiterkeit.) – Vors.: Das ist gesetzlich nicht zulässig. Ich bin leider genötigt, Sie aufzufordern, Ihre Vorstrafen anzugeben. – Zeuge: Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern. – Vors.: War es sechs- oder achtmal? – Zeuge: Es können auch siebenmal gewesen sein, so genau weiß ich es
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/58&oldid=- (Version vom 31.7.2018)