Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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das schließlich selbst glauben, obgleich Zeugen nachher das Gegenteil bekunden. – R.-A. Dr. Sprenger fortfahrend: Ist Ihnen bekannt, daß die meisten Zeugen glaubten, daß, wenn sie in Oldenburg vernommen würden, der Verhaftungsbefehl schon über ihrem Haupt schwebte? – Zeuge: Ich habe mit einigen Zeugen darüber gesprochen, habe aber nichts davon bemerkt. – R.-A. Dr. Sprenger: Wissen Sie, daß ein Zeuge Vogt vor einem preußischen Gericht ganz andere Aussagen gemacht hat, als vor dem oldenburgischen? – Zeuge: Ja, der Zeuge ist dort bei seiner Aussage geblieben, er will nur vom preußischen Richter falsch verstanden worden sein. – R.-A. Dr. Herz: Sie hielten das Geständnis des Angeklagten für glaubwürdig und den Widerruf für unglaubwürdig? – Zeuge: Ja. – R.-A. Dr. Herz: Sie besaßen also schon eine gewisse Voreingenommenheit? Zeuge: Ja. – R.-A. Dr. Herz: Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch? Es müssen doch innere Motive vorliegen? – Vors.: Ich ersuche die Herren Verteidiger, doch nicht uferlose Debatten zu führen. Wie sollen die Geschworenen der Verhandlung folgen können, wenn hier von psychologischen Tatsachen gesprochen wird. – Die Verteidiger zogen schließlich den Antrag auf Ladung der Professoren Forel und Mendel zurück. – Nächster Zeuge war Regierungsrat z. D. Rechtsanwalt Becker-Oldenburg: Er habe regelmäßig mit Minister Ruhstrat, dem Buchhändler Schmidt und dem Dr. Schleppegrell Skat gespielt. Nachher wurde gepokert, woran sich aber Dr. Schleppegrell nicht beteiligt hat. – Vors.: Wurde auch „Lustige Sieben“ gespielt? – Zeuge: Meines Wissens nicht. – Vors.: Was wurde gespielt? – Zeuge: Es wurde gepokert. – Vors.: Haben Sie von Anderen etwa gehört, daß der Minister in jener Zeit „Lustige Sieben“ gespielt hat? – Zeuge: Nein. – Vors.: Kann Pokern und „Lustige Sieben“ verwechselt werden? – Zeuge: Wer beide Spiele kennt, kann sie nicht verwechseln. – R.-A. Dr. Sprenger: Aber wer sie nicht kennt, kann
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/130&oldid=- (Version vom 11.7.2024)