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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

wurde eine deutliche Verengerung des Magenausgangs festgestellt; aber es fiel gleich auf, daß keine Spur von einer Verätzung vorhanden war. Auffallend war ferner, daß die Wagner erbrach, ohne über Magenbeschwerden zu klagen. Bei einer Späteren Bauchöffnung wurde eine Verschiebung im Dickdarm gefunden. Nach Beseitigung dieses Übelstandes erholte sich die Wagner sehr schnell. Verletzungen an der hinteren Magenwand waren nicht vorhanden; das spreche dafür,daß der angeblich vergiftete Kaffee nicht geschluckt worden sei. Wenn die Wagner die Salzsäure heruntergeschluckt hätte, würde sie unmöglich bis zum nächsten Morgen auf den Arzt gewartet haben, weil die Salzsäure unsägliche Schmerzen verursache. – Als Todesursache der Wagner gab Prof. Dr. Meyer-München eine große Eiterung der Bauchhöhle an, die bis zu den unteren Extremitäten gegangen sei. Erscheinungen von Vergiftungen wurden nicht festgestellt, nur eine schwere Infektion infolge eines Magenleidens. – Dr. med. Müller schilderte Minna Wagner ebenfalls als wenig wahrheitsliebend. Einmal sei sie betrunken heimgekommen. – In der Hand hatte sie eine Puppe, die in der einen Hand einen Rosenkranz, in der anderen eine Giftflasche mit einem Totenkopf hatte. „Das ist die Heusler“, sagte sie, auf die Puppe weisend. – Das Dienstmädchen Sommer bekundete, daß die Wagner oft Blutspucken simuliert habe. Auch habe sie sich Heftpflaster auf das Gesicht geklebt und behauptet, sie hätte die Gesichtsrose. – Schwester Frosch-Feuchtwangen: Mehrere Kranke haben ihr erzählt, die Wagner habe sie mit Ohrfeigen bedroht für den Fall, daß sie verraten würde, wenn sie heimlich Speisen zu sich nehme. – Kaufmann Gmöhling (Feuchtwangen): Die Wagner habe sich, nachdem sie von der ersten Verhandlung zurückgekehrt war, ein Faß Wein und später noch ein Faß Äpfelmost aus München kommen lassen. Beide Fässer seien auffallend schnell leer geworden. Die Wagner habe oftmals Krampfanfälle gehabt. – Zeugin

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)