Zum Inhalt springen

Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/229

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

ist es, endlich mit dem gesamten mittelalterlichen Unrat aufzuräumen, der wie ein Alp noch auf der Neuzeit lastet. Zu diesem mittelalterlichen Unrat gehört in erster Linie der Zweikampf. Über die Widersinnigkeit des Zweikampfes ist kaum noch ein Wort zu verlieren. Jeder gesittete Mensch wird mir beistimmen, daß der Zweikampf allen göttlichen und menschlichen Gesetzen geradezu Hohn spricht. Ein anständiger Mensch sollte absichtlich niemanden beleidigen. Da diese Ansicht aber noch lange ein frommer Wunsch bleiben dürfte, so sind doch die ordentlichen Gerichte berufen, Beleidigungen durch entsprechende Strafen zu sühnen oder durch Vergleich aus der Welt zu schaffen. Die Zahl der Beleidigungsprozesse, die täglich zur gerichtlichen Verhandlung kommen, ist geradezu Legion. Welch ein Hohn liegt aber in der Tatsache, daß im Zweikampf vielfach nicht der Beleidiger, sondern der Beleidigte verwundet oder gar getötet wird. Es ist geradezu ein Hohn auf die staatlichen Gesetze, daß sogenannte Ehrengerichtshöfe entscheiden, der Zweikampf müsse vorgenommen werden. Im Weigerungsfalle der Beteiligten erfolgt gesellschaftliche Ächtung und beim Militär der schlichte Abschied. Welch unendliches Herzeleid diese mittelalterliche, widersinnige Einrichtung über anständige Familien schon gebracht hat, läßt sich auch nicht annähernd feststellen. Wieviel Mühe und Opfer kostet es Eltern, den Sohn die Universität besuchen oder die Offizierslaufbahn einschlagen zu lassen. Und wegen irgendeiner, bisweilen aus frivolem Übermut vom Zaun gebrochenen Lappalie ist der junge Mann oftmals „aus Standesrücksichten“ genötigt, sich dem mörderischen Blei seines Beleidigers gegenüberzustellen und das Lebensglück, ja die ganze Hoffnung seiner Familie für immer zu vernichten. Vor etwa zehn Jahren hat sich aus notabeln Herren der verschiedensten politischen Parteien eine sogenannte Antiduell-Liga gebildet. Es haben auch öffentliche Zusammenkünfte

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/229&oldid=- (Version vom 31.7.2018)