Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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Ungemein zahlreich sind die menschlichen Leidenschaften. Der Fortschritt der Kultur hat glücklicherweise auch in dieser Beziehung etwas bessernd gewirkt. Die Bemühungen, den Dämon Alkohol zu bekämpfen, sind zweifellos nicht ohne Erfolg geblieben. Eine der größten Geißeln der Menschheit ist unbedingt die Trunksucht. Wie viele Familien durch den Schnapsteufel gesundheitlich, moralisch und materiell ruiniert worden sind, läßt sich auch nicht annähernd feststellen. Vor etwa 50 Jahren war es gar nichts Auffälliges, daß in kleinen Städten und auf dem platten Lande, insbesondere Sonnabends und Sonntag abends, die Rinnsteine mit sinnlos Betrunkenen gefüllt waren. Aber auch in den Großstädten war die Zahl der Trunkenbolde keine geringe. Selbst in Berlin begegnete man vor etwa 30 Jahren, besonders in den Vorstädten, am Sonnabend und Sonntag abend zahllosen Betrunkenen. Wohl ist das Laster der Trunksucht zum großen Schaden der Menschheit immer noch sehr arg. Es gibt selbst in Deutschland zahlreiche Gegenden, in denen unvernünftige Mütter ihren schreienden Säuglingen mit Schnaps gefüllte Lutschbeutel geben, um sie zu beruhigen. Welch furchtbare Verheerungen dadurch angerichtet werden, ist kaum zu schildern. Allein, wie oben bereits angedeutet, es ist in dieser Beziehung bedeutend besser geworden. Es ist allmählich die Erkenntnis durchgedrungen, daß der Alkohol, sei es in Form von Schnaps, sowie übermäßigem Bier- oder Weingenuß, nicht nur eine Schwächung des Körpers und des Gehirns verursacht, und zu den verheerendsten Krankheiten, wie Delirium, Geistestrübung
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/32&oldid=- (Version vom 24.4.2024)