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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

Lokal ist „der tolle Hengst“. In diesem wurde einmal von Geschworenen und Staatsanwalt derartig hasardiert, daß die Polizei das Lokal umstellte. Als die Geschworenen das sahen, bemerkten sie dem Staatsanwalt: Wir glaubten nichts Strafbares zu begehen, da Sie, Herr Staatsanwalt, an dem Spiel teilnahmen. – Der Angeklagte Dr. Ries äußerte auf Befragen des Vorsitzenden: Er habe sich für verpflichtet gehalten, derartige Zustände öffentlich zu geißeln. Den Ausdruck Oberschaf vom Oberlandesgericht habe er für unwürdig gehalten. Die Fahrt der Minister zur Tonnen- und Bakenschau auf Staatskosten habe er im Interesse der Steuerzahler rügen zu sollen geglaubt. Wenn er auch zurzeit nicht mehr in Oldenburg war, so wohnten doch seine Eltern in Oldenburg. Direktor Frühstück, der zum Gymnasialdirektor befördert wurde, sei nur wenig Jahre älter als er. Dieser habe außerdem niemals in höheren Gymnasialklassen unterrichtet, seine Beförderung zum Gymnasialdirektor mußte daher auffallen. In Preußen wäre eine solche Beförderung ausgeschlossen. – In weiteren Artikeln war von einem Messias die Rede. – Der Angekl. Dr. Ries bemerkte auf Befragen des Vorsitzenden, daß damit Schulrat Menge gemeint war. – Er befürchtete, verraten zu werden, deshalb habe er sich auch dem Angeklagten Biermann nicht vorgestellt, sondern diesem die Artikel unter dem Pseudonym „Gerdes“ oder „Geritz, Ingenieur“, eingesandt. – Vors.: Weshalb schickten Sie die Artikel gerade dem „Residenzboten“? Angekl.: Weil ich die Überzeugung hatte, daß andere Blätter meine Artikel nicht aufnehmen würden. – Vors.: Sie sollen auch stets mit deutschen Buchstaben geschrieben haben, während Sie sonst nur lateinisch schreiben? – Angekl.: Das ist richtig, das tat ich, um nicht verraten zu werden. Im ferneren Verlauf bemerkte der Angeklagte Dr. Ries: Er habe schließlich dennoch Angst bekommen, Biermann könnte ihn verraten, deshalb habe er ihm einen Artikel geschrieben, um ihn für sich einzunehmen. – Es gelangte darauf ein Brief zur Verlesung,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/47&oldid=- (Version vom 27.4.2024)