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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/83

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

des Landrichters Haake ist allerdings unerklärlich. Es darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß der Vorwurf der Streberei an sich keine Beleidigung enthält. Immerhin enthält dieser Artikel eine Beleidigung gegen einen hochachtbaren richterlichen Beamten. Es ist auch in keiner Weise der Nachweis erbracht worden, daß Herr Landrichter Haake sich in seine kirchlichen Ehrenämter hineingedrängt hat. Hierfür muß eine Strafe eintreten. Allein es ist doch hierbei zu berücksichtigen, daß der Angeklagte, ob aus Mißverständnis oder nicht, seine Versetzung als Strafversetzung empfunden hat und deshalb vergrämt und verbittert war. Ich bin daher der Meinung, daß dem Angeklagten mildernde Umstände zuzubilligen seien. Die Tendenz des „Residenzboten“ kann Dr. Ries nicht mit zur Last gelegt werden. Dr. Ries hat durch sein Verhalten, mag auf Freiheits- oder Geldstrafe erkannt werden, seine gesellschaftliche und seine Amtsstellung verloren. Er wird genötigt sein, einen schweren Kampf ums Dasein, vielleicht durch Privatunterricht, zu führen. Ich ersuche den hohen Gerichtshof, diesen Umstand und auch in Betracht zu ziehen, daß Dr. Ries sich bisher der größten Achtung und Liebe bei allen, die ihn kannten, erfreut und bisher ein tadelloses Leben geführt hat. Er hat nunmehr alles verloren. Ich bitte nochmals den hohen Gerichtshof, dies in Betracht zu ziehen und den Angeklagten nur zu einer Geldstrafe zu verurteilen. – Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Sprenger (Bremen) für Biermann: Der Herr Erste Staatsanwalt ist im Irrtum, daß der Beweis der Wahrheit nicht geführt worden ist. Ich behaupte, der Wahrheitsbeweis ist zum großen Teil geführt. Es ist erwiesen, daß im hiesigen Zivilkasino viel und leidenschaftlich gespielt wurde. Es ist erwiesen, daß Assessor Hellwarth wegen zu vieler Spielschulden nach Amerika gegangen ist, und daß Leutnant v. Stutterheim und Referendar Dietrich wahrscheinlich aus denselben Gründen sich das Leben genommen haben. Es ist erwiesen, daß Herr Gymnasialdirektor

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/83&oldid=- (Version vom 26.5.2024)