Zum Inhalt springen

Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/111

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Zeuge: Das ist richtig, ich glaubte eben, mein Sohn habe sich vergangen. – Vors.: Als Ihr Sohn von dem Herrn Probst gezüchtigt wurde, hatten Sie da schon gehört, daß der Herr Propst mit den Mädchen Unsittlichkeiten begangen habe? – Zeuge: Nein, das habe ich erst später gehört. – Frau Werner, Gattin des Vorzeugen, bekundete: Eines Tages kam ihr Sohn Franz heftig weinend nach Hause und klagte: Der Propst habe ihn furchtbar geschlagen, weil er mit Mädchen unanständige Dinge begangen habe, das sei aber nicht wahr. Der Propst hatte dem Knaben einen Zettel mitgegeben: „Ihr Sohn hat unanständigen Verkehr mit Mädchen unterhalten, ich bitte aber, ihn nicht übermäßig zu bestrafen.“ – Vors.: Trauen Sie Ihrem Sohne das Treiben solcher Dinge zu? – Zeugin: Es ist mein Kind, ich kann versichern, ich traue es dem Jungen nicht zu. – Vors.: Ist es ein ordentlicher, wahrheitsliebender Knabe? – Zeugin: Ja, durchaus. Ich habe den Knaben befragt, wessen ihn der Propst eigentlich beschuldige. Der Knabe hat sich geniert, mir dies zu erzählen. – Auf Befragen des Oberstaatsanwalts bekundete die Zeugin: Ihr Sohn habe einmal ein Gedicht mitgebracht, das er von anderen Kindern erhalten habe. Es war das ein Gedicht über den Propst. – Handlungslehrling Karl Feucht: Franz Werner habe ihm erzählt, der Propst habe ihn heftig geschlagen und ihn bezichtigt, mit Mädchen unanständigen Verkehr unterhalten zu haben. Er glaube nicht, daß Franz Werner so etwas getan habe. – Handlungslehrling Alexander Hohmann: Der Propst habe ihn gefragt, ob ihm bekannt sei, daß Franz Werner mit Mädchen unzüchtigen Verkehr unterhalten habe. Es sei ihm aber nicht das geringste bekannt gewesen. – Auf Befragen des Verteidigers äußerte der Zeuge: Als er Werner sagte: er sei zum Propst bestellt worden, versetzte Werner, er sei auch bestellt worden. Werner sagte: Du brauchst beim Propst nicht alles zu sagen. – Vors.: Wußten Sie, daß Werner bekannt

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/111&oldid=- (Version vom 31.7.2018)