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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

habe geschwiegen. – Unter allgemeiner Spannung erschien darauf Katharina Zimmermann als Zeugin. Es war ein sehr hübsches, kleines Mädchen. Sie gab auf Befragen des Vorsitzenden an: Sie sei am 28. Februar 1891 geboren und sei die Tochter des Schuhmachermeisters Zimmermann. Der Dompropst habe sie einmal gefragt, ob sie den Franz Werner kenne und ob sie mit ihm Verkehr habe. – Vors.: Kanntest du Franz Werner? – Zeugin: Ja, ich wußte, daß er Franz Werner heißt. – Vors.: Hat der Propst gesagt, was für einen Verkehr du mit Franz Werner unterhalten haben sollst? – Zeugin: Nein. – Die Zeugin bekundete ferner: Der Propst habe sie alsdann gefragt, ob ihr bekannt sei, daß Werner mit der Hedwig Schmidt verkehrt habe. Sie habe das auch verneint. Darauf habe der Propst gesagt: Gestehe, daß du mit Werner verkehrt hast, Werner hat es bereits gestanden und unterschrieben. Wenn du nicht gestehst, du Heuchlerin, dann kommst du ins Gefängnis oder in eine Besserungsanstalt, in der du bis zu deinem 20. Lebensjahr bleiben mußt. Sie habe geantwortet: Was Werner gesagt hat, ist nicht wahr. Dabei habe sie geweint. Daraufhin habe der Propst sie aufgefordert, das Zimmer zu verlassen und die Hedwig Schmidt vernommen. Nach einiger Zeit habe er sie wieder hereingerufen und sie wiederum aufgefordert, zu gestehen und den Zettel zu unterschreiben, den Werner schon unterschrieben habe. Sie habe nach längerem Weigern schließlich unterschrieben, zumal der Propst sagte: die Schmidt habe eingestanden und auch den Zettel unterschrieben. Als sie unterschrieben hatte, habe sie gesagt: Ich habe unterschrieben, aber es ist gelogen. Daraufhin habe der Propst sie heftig auf den Kopf geschlagen. Alsdann habe der Propst die Schmidt hinausgeschickt, sie an sich gezogen und sie gefragt: Habe ich dir weh getan? Als sie dies verneinte, habe sie der Propst zweimal geküßt. Darauf habe er sie angefaßt, sie auf das Sofa gelegt und gesagt: Jetzt tust du mit mir, was du mit

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/115&oldid=- (Version vom 1.8.2018)