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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/118

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

lasse ich mir nicht gefallen, ich lasse mein Kind nicht schlecht machen. Stellen Sie mir den „Bub“, mit dem meine Katharina etwas gemacht haben soll, gegenüber. – Na, gehen Sie mit Ihrer Tochter nicht so hoch hinaus, das ist ein schlechtes Mädchen, sagte der Propst. Ich sagte: Das lasse ich mir nicht gefallen, ich lasse mein Kind nicht schlecht machen, stellen Sie mir den „Bub“ gegenüber. Das werde ich tun, sagte der Propst. Ich will den Bub noch heute sprechen, sagte ich. Der Propst bestellte den Bub. Als ich wieder zum Propst kam, waren Herr Rechtsanwalt Roth und der Kirchendiener Wiegand bei ihm. Der Propst war mit Franz Werner im Nebenzimmer und redete auf ihn ein. – Vors.: Konnten Sie hören, was der Propst zu dem Bub gesagt hat? – Zeugin: Nein. Dann kam Franz Werner aus dem Zimmer. Er sagte auf mein Befragen: Ich habe auch vom Herrn Propst „Schläg kriegt“, weil ich das Schriftstück nicht unterschreiben wollte, ich habe aber nichts mit dem Mädchen gemacht. – Vors.: Hat der Propst außerdem den Versuch gemacht, Ihre Tochter schlecht zu machen? – Zeugin: Jawohl, er sagte: sie habe sich im Kreise gedreht und sich in unanständiger Weise gebückt. Sie habe auch schlechte Lieder gesungen. – Vors.: Ist Ihre Tochter ein schlechtes Mädchen, so daß man annehmen kann, es habe sich mit Jungens umhergetrieben? – Zeugin: Nein, mein Kind ist ein sehr folgsames, durchaus sittenreines Mädchen. – Vors.: Haben Sie nach der ersten Kußaffäre zu dem Herrn Propst gesagt: Er halte das Kind zum Lügen an? – Zeugin: Jawohl, ich sagte: Sie haben dem Kind gesagt: es solle nichts sagen, daß Sie es geküßt haben. – Der Propst sagte: Na, machen Sie nichts daraus, es wird nicht mehr vorkommen. Ich werde dem Kind ein „Kleidche“ kaufen, oder sonst ein Geschenk machen. Ich habe die Sache bereits dem Herrn Bischof angezeigt und werde wohl bald aus Worms herauskommen. Ich erwiderte: Herr Propst, Sie brauchen meinem Kind nichts zu schenken, behandeln

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/118&oldid=- (Version vom 31.7.2018)