Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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annehmen müssen, daß er (Angeklagter) der einzige Bewerber sei, und finde es komisch, daß neben ihm noch zwei oder drei Bewerber bis 2 Uhr nachts mit Frau Dolly allein zusammengeblieben waren. – Zeuge v. Fetter: Er habe der Frau Wertheim zwei- oder dreimal erklärt, daß er nicht heiraten wolle. Als Gerüchte über seine Verlobung laut wurden, habe er seinem Regimentskommandeur auch entsprechende Mitteilungen gemacht, ebenso anderen Leuten; auch habe er auf einem Ball Frau Dolly offensichtlich „geschnitten“. Er betone nochmals, daß er keine Rente, sondern nur ein Darlehen von Frau Wertheim erhalten habe. – R.-A. Dr. Alsberg: Er behaupte, daß andere Personen gleichfalls als Tafeldekorationen bei Wertheim gedient und Geld dafür bekommen haben. Mit dem jungen Thyssen sei man in gleicher Weise verfahren, wie mit dem Angeklagten, indem man ihn mit Geschenken überhäufte, weil man ihn gern als Schwiegersohn haben wollte. – Nach nochmaliger kurzer Vernehmung des Leutnants Rittweger und dessen Gattin über diesen Punkt verwies der Staatsanwalt auf ein Aktenstück, aus welchem hervorgehe, daß der Angeklagte Gerichtskosten zahlen sollte und Amtsrichter Graf v. d. Schulenburg für ihn Schritte getan habe, um ihm kleine Ratenzahlungen zu bewilligen. Die Verteidiger und der Angeklagte erwiderten, daß daran doch nichts auffälliges sei. Der Angeklagte erklärte an der Hand einer Aufstellung, daß er an seine Lieferanten insgesamt 1956 Mark zurückgezahlt habe. Er habe auf die Wechsel 8300 Mark bar erhalten, auf diese habe er 4960 Mark bezahlt. Er habe also in dem einen Jahre nur etwa 3000 Mark für sich gebraucht. Hiervon habe er noch 900 Mark im Mai mit nach London genommen. Die Wechselleute haben ihn um 15 000 Mark betrogen. – Staatsanw.-Rat Porzelt: Wie kommt es dann aber, daß immer nur ein Teil dieser Schulden bezahlt worden ist? Der Angeklagte spricht doch immer davon, daß seine Frau ein so hohes Einkommen wie die Zinsen eines Kapitals
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/241&oldid=- (Version vom 28.12.2022)