Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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Wenn ich nur daran denke, wie damals von dem Staatsanwalt oder der Kriminalpolizei in die Zeitungen lanciert wurde, Graf Metternich ist ein Betrüger, so – – Vorsitzender: Der Staatsanwalt lanciert nichts in die Presse! – Angeklagter: Ich sage ja, der Staatsanwalt oder die Kriminalpolizei. Ich kann nur nochmals fragen: Mußte ich nicht in meiner traurigen Lage Schulden machen, um essen zu können? Deshalb bin ich doch noch kein Betrüger. Zum Schluß will ich noch ins Gedächtnis zurückrufen, wie ich im Leben behandelt worden bin. Ich wurde mit 19 Jahren nach Südamerika geschickt, ich verstand kein Wort spanisch und mußte arbeiten wie ein gewöhnlicher Arbeiter und Knecht. Ich habe es zum zweiten Inspektor gebracht und habe die 200 Pesos nicht umsonst bekommen. Als ich dann die Stellung bei der Bank erhielt, wurde ich von meinem Vater zurückgerufen. Als ich nach Hause kam, entstanden wieder die alten Reibereien, weil wir zu viel Kinder sind und man auf mich nicht mehr gerechnet hatte. Man hat mich dann wieder allein in die Welt hinausgeschickt. Ich mußte mich allein durchs Leben schlagen. Nachdem ich hart gearbeitet hatte, bin ich schließlich dazu gekommen, mir zu sagen, daß ich mir endlich durch eine reiche Heirat Ruhe schaffen werde. Habe ich denn nicht auch selbst während der schönen Flitterwochen gearbeitet? Wenn mein Vater, wie er mir versprochen, die Schulden für mich bezahlt hätte, dann wäre ich nie auf die Anklagebank gekommen. Als ich meine Frau heiratete, war mein Vater auch nicht damit einverstanden. Hat mein Vater für mich etwas getan, was mich veranlassen konnte, seinem Wunsche nachzukommen? Meine Herren Richter. Ich bitte, sprechen Sie mich frei. Denken Sie an die Qualen, die nicht nur ich in der kleinen Zelle des Untersuchungsgefängnisses unter Verbrechern zehn Monate lang durchmachen mußte, und auch an die Leiden meiner Frau, die mich im Gefängnis besucht hatte, und abends das Publikum durch Scherze hinreißen mußte. Ich
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/271&oldid=- (Version vom 2.1.2023)