Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/287

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

durch Schreibsachverständige prüfen. Letztere gelangten zu der Überzeugung, daß beides gefälscht war. Referendar Preßler erstattete sogleich Anzeige. Grete Beier, die sich bereits seit einiger Zeit wegen Unterschlagung eines Sparkassenbuchs in Untersuchungshaft befand, gestand nach anfänglichem Leugnen, daß sie den Brief und das Testament gefälscht und alsdann Preßler ermordet habe. Sie gestand auch, daß sie lange vor dem Morde eine Brander Botenfrau beauftragt hatte, ihr in einer Freiberger Waffenhandlung einen Revolver mit scharfen Patronen zu kaufen. Der Waffenhändler hatte aber die Verabfolgung des Revolvers abgelehnt, weil die Botenfrau keine Bescheinigung hatte. Am folgenden Tage kam die Botenfrau mit einer von Grete Beier ausgestellten Bescheinigung, darauf erhielt sie den Revolver. Der Waffenhändler gab aber nur Platzpatronen und machte dem Bürgermeister Beier von dem Waffenkauf seiner Tochter telephonische Mitteilung. Der Bürgermeister nahm darauf seiner Tochter den Revolver ab und brachte ihn nach einigen Tagen dem Waffenhändler zurück. Es gelang alsdann der Bürgermeisterstochter, sich einen Revolver mit scharfen Patronen zu beschaffen, den die Brander Polizeibehörde mit Beschlag belegt hatte, da der Besitzer des Revolvers den Versuch gemacht hatte, sich zu erschießen. Mit diesem Revolver hatte Grete Beier ihren Bräutigam, den Oberingenieur Preßler, erschossen. – Am 4. Juni 1908 wurden Grete Beier und Hebamme Kunze von der Strafkammer zu Freiberg in nichtöffentlicher Sitzung wegen Abtreibung, im Sinne des § 218 des StGB., unter Zubilligung mildernder Umstände, zu je einem Jahre Gefängnis, verurteilt. Am folgenden Tage, den 5. Juni 1908, hatte sich Grete Beier vor demselben Gerichtshof in öffentlicher Sitzung wegen versuchter Anstiftung zum Morde, Testamentsfälschung, schweren Diebstahls und schwerer Urkundenfälschung zu verantworten. Mit ihr waren angeklagt Hebamme Kunze wegen Beihilfe zum Diebstahl und Begünstigung

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/287&oldid=- (Version vom 31.7.2018)