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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

war. Die Beier schrieb Ihnen wiederholt, Sie sollten niemandem sagen, daß Sie Geld erhalten haben. – Angekl.: Ich verstand darunter, daß wir Konflikte mit den Eltern vermeiden sollten. Die Beier schrieb mir eines Tages, sie hätte jeden Muskel und jeden Nerv angespannt, daher das Geld. Ich wußte nicht, was ich mir darunter vorstellen sollte. Später erfuhr ich, daß sie den Brief geschrieben, nachdem sie ihren Bräutigam Preßler erschossen hatte. – Vors.: Hat Grete Beier aus der Untersuchungshaft viele Kassiber an Sie geschrieben? – Angekl.: Nur den einen, in dem sie mich zum Morde anstiften wollte. Der Brief begann mit den Worten: „Hans, ich habe Dich von Preßler befreit. Ich habe Dich gerächt. Er hat es gewagt, Dich zu schmähen. Jetzt mußt Du mir aber noch helfen. Das kannst Du nur dadurch tun, daß Du Frau Schlegel und ihre Tochter umbringst. Das geht am besten auf folgende Weise: Du nimmst sie in Narkose und erschießt sie dann. Aber Du mußt schlau zu Werke gehen. Du mußt Dir das Haar schwarz färben lassen und einen Anzug anziehen, daß Du von niemandem erkannt wirst. Wenn Du das tust, bin ich gerettet, wenn nicht, sehen wir uns nicht wieder. Bis Freitag möchte ich Bescheid haben.“ Ich sollte dann, wenn ich zu der Tat bereit sei, einen Brief an sie schreiben mit den Schlußworten: „Dein Dich liebender Hans.“ Wenn ich die Tat nicht begehen würde, sollte ich den Brief schließen nur mit den Worten: „Dein Hans.“ Sie schrieb in dem Briefe auch noch: Wenn ich es nicht tun sollte, dann solle ich mir am Sonntag den schwarzen Rock vorsuchen und wenn die Kirchenglocken läuten, solle ich an sie denken; denn sie würde dann nicht mehr unter den Lebenden weilen. – Vors.: Wer hat Ihnen den Zettel gegeben? – Angekl.: Frau Beier. Sie sagte, das ist ja verrückt. – Vors. (zur Angekl. Beier): Haben Sie den Brief geschrieben? – Angekl. Beier: Ja, ich war damals furchtbar aufgeregt. Es war kurz nach der Vernehmung durch den Untersuchungsrichter.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/289&oldid=- (Version vom 1.8.2018)