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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

daß Ihr Gewissen Sie schwer belastete. – Es gelangten alsdann wiederum zahlreiche, von der Angeklagten Beier gefälschte Briefe und Quittungen zur Verlesung, mit denen sie ebenfalls ihre Straftaten zu verdecken gesucht hatte. Das Testament, das die Angeklagte Beier selbst nicht gefälscht haben, dessen Fälscher sie aber nicht angeben wollte, setzte ihre Mutter zur alleinigen Erbin des Besitztums des Armenhausverwalters Kröner, Grete Beier selbst als Erbin der von Frau Kröner vorhandenen Wäsche ein. – Polizeiwachtmeister Fähndrich, Freiberg, bekundete als Zeuge: Nach dem ersten Verhör habe er von der Mutter Beier mehrere Briefe erhalten, in denen er inständigst gebeten wurde, die Sache möglichst niederzuschlagen, damit der alte Beier, der damals im Dresdener Krankenhause lag, von dem Schmerz verschont werde. Frau Beier schrieb in einem Briefe, daß er schon dafür belohnt werden würde. Weiter hatte Frau Beier, wie der Vorsitzende feststellte, sich auch brieflich an den Vorgesetzten des Zeugen Fähndrich, einen Stadtrat in Freiberg gewandt. In diesen Briefen gab sie ihrem großen Bedauern Ausdruck, daß ihrer Tochter Grete, die sich bei ihren angenehmen Charaktereigenschaften bei der ganzen Einwohnerschaft Brands einer außerordentlichen Beliebtheit erfreue, diese Schande gemacht werde. An allem sei nur der gewissenlose Betrüger Preßler schuld. Er habe es 14 Monate lang unter falschen Vorspiegelungen verstanden, bei der Familie Beier zu verkehren. Er habe auch seine eigene Mutter getäuscht; allen Leuten habe er verheimlicht, daß er bereits ein Jahr lang in Italien mit einer gewissen Vroni verheiratet war, daß er auf seinen Reisen ein ausschweifendes Leben geführt habe, so daß seine Gesundheit dem Zusammenbruch nahe gewesen sei. In einem anderen Briefe schilderte Frau Beier dem Stadtrat, welche große Betrübnis die Aufdeckung dieser Affäre ihrem Manne bereiten würde, wenn er gesund aus dem Krankenhaus käme. Ihr Mann würde dann ganz unverdienterweise mit Schimpf und Schande aus dem Dienste

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/293&oldid=- (Version vom 1.8.2018)