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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/66

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

hoben mich auf und sagten, ob mir etwas passiert sei. Ich sagte, ich fühle mich unwohl. Dadurch gelang es mir, zu entkommen. Ich begab mich in meine Wohnung. Ich blieb die folgende Nacht auch in Magdeburg. Da Nitter nicht nach Hause kam, wußte ich, daß er gefaßt worden ist. Geschlafen habe ich vor Aufregung nicht einen Augenblick. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß ich vielleicht daneben geschossen oder den Mann nur verletzt hätte. Am folgenden Vormittag holte ich die Sachen von Nitter und nahm diese mit nach Berlin. Ich las in den Berliner Zeitungen, daß der Geschossene nur verletzt sei. Ich machte mich aber auf jeden Fall reisefertig. Ich hatte 800 Mark in Magdeburg bei mir. 400 Mark hatte ich bei der Deutschen Bank und eine Summe in meinem Koffer. Im ganzen hatte ich etwas über 3000 Mark. Ich fuhr am 28. Oktober nach Monte Carlo, von dort nach Lissabon, Madrid, Barcelona und schiffte mich nach Brasilien ein. In einem Café in Barcelona las ich in der „Kölnischen Zeitung“, daß der Apotheker gestorben sei. – Vors.: Lasen Sie nicht auch Ihren Steckbrief? – Angekl.: Den las ich erst drei Wochen vor meiner Verhaftung in Rio de Janeiro. – Vors.: Sie behaupten also, Sie hatten nicht die Absicht, den Apotheker zu erschießen? – Angekl.: Keineswegs, es tat mir sofort furchtbar leid, daß ich geschossen hatte. (Der Angeklagte brach hierbei in Tränen aus.) – Vors.: Sie mußten sich aber doch sagen, wenn Sie auf den Mann schießen, dann ist die große Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß Sie ihn erschießen. – Angekl.: Überlegung hatte ich überhaupt nicht. Ich wollte auch nach den Beinen schießen, ich war aber so erregt, daß ich überhaupt kein Bewußtsein mehr hatte. – Vors.: Wenn Sie nach den Beinen geschossen hätten, dann wäre es dem Manne möglich gewesen, um Hilfe zu schreien. – Angekl.: Daran dachte ich nicht. – Vors.: Wäre es nicht möglich gewesen, ohne Schuß zu entweichen? – Angekl.: Herr Rathge war ein großer,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/66&oldid=- (Version vom 10.12.2022)