Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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Weinen aus. Nachdem alle Zeugen vereidigt waren, beantragte der Staatsanwalt, die Zeugen Mankowski und Zilinski wegen Verdachts des Meineids zu Vorsverhaften. Weitere Schritte gegen noch andere Zeugen behalte er (Staatsanwalt) sich vor. Der Staatsanwalt begründete seine Anträge dahin: Mankowski habe bereits eine entgegengesetzte Aussage als die hier beeidigte beschworen und Zilinski habe, im Gegensatz zu der Bekundung des Kriminalkommissars Höft, beschworen: Letzterer habe ihn unter Geldversprechungen veranlassen wollen, für die Juden und gegen Behrendt Zeugnis abzulegen. Der Gerichtshof beschloß : In Erwägung, daß die Zeugen Mankowski und Zilinski, in Berücksichtigung ihres geringen Bildungsgrades sich des wissentlichen Meineides nicht schuldig gemacht haben, den Antrag auf Verhaftung dieser Zeugen abzulehnen. —
Am fünften Verhandlungstage formulierte der Vorsitzende folgende, den Geschworenen vorzulegende Schuld- fragen: Ist der Angeklagte, Fleischermeister Joseph Behrendt aus Skurcz schuldig, in der Nacht vom 21. zum 22. Januar 1884 den Knaben Onophrius Cybulla vorsätzlich getötet zu haben und zwar indem er die Tötung mit Überlegung ausführte? — Alsdann nahm das Wort zur Schuldfrage der Vertreter der kgl. Staatsanwaltschaft, Gerichtsassessor Dr. Preuß: Meine Herren Geschworenen! Wenn ein Stein in einen See geworfen wird, dann wird in dem See immer eine gewisse Aufregung hervorgerufen. Die größte Aufregung herrscht selbstverständlich immer in dem Teile des Sees, in den der Stein direkt geworfen ist. Dies Beispiel paßt auch auf den Vorgang, der uns hier beschäftigt. Es ist ja nur zu natürlich, daß, als das Verbrechen entdeckt wurde, die größte Aufregung in der Gegend, wo es geschehen war, herrschte. Jeder Mensch hat in solcher Gegend das lebhafteste Interesse an der Entdeckung des Verbrechers, schon, um den eventuellen Verdacht von sich selbst abzulenken. Bei solcher Gelegenheit ist es ja zu natürlich, daß der Verdacht
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/118&oldid=- (Version vom 9.4.2023)