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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Verfügung. Ich brauche nicht zu sagen, daß ich mich zu diesem schnöden Spiel nicht mißbrauchen ließ und die Bestechungsversuche der Agenten des Herrn von Bismarck mit gebührender Verachtung zurückwies. Hätte ich dies nicht getan, hätte ich die Niederträchtigkeit besessen, meine Prinzipien meinem persönlichen Interesse zu opfern, ich wäre jetzt in glänzender Stellung, anstatt hier auf der Bank der Angeklagten, wohin mich die gebracht haben, die mich vor Jahren vergebens zu kaufen suchten. Sobald der Berliner Polizei meine Weigerung bekannt wurde, die mich bis dahin unbehelligt gelassen hatte, begann eine Reihe von Schikanen. Jedoch man nahm vorläufig von entscheidenden Schritten gegen mich Abstand. Man mochte die Hoffnung, mich schließlich doch mürbe zu machen, nicht aufgegeben haben.

Im Jahre 1863 eröffnete Ferdinand Lassalle seine bahnbrechende Agitation. Aus Gründen, die im Laufe des Prozesses wohl zutage treten werden, hielt ich mich anfangs fern, bis die schmachvollen Angriffe der Bourgeoispresse auf die junge sozialistische Bewegung mir die Ehrenpflicht auferlegten, alle Bedenken fahren zu lassen. Ich wurde Mitglied des von Lassalle gegründeten „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“. Getreu der vorhin gekennzeichneten Politik, suchte das herrschende Junkertum sich der Arbeiterbewegung zu bemächtigen. Nach dem jähen Tode Lassalles geriet der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein leider in die Hände von Männern, die diesen reaktionären Bestrebungen teils durch Unfähigkeit, teils mit Absicht Vorschub leisteten. Dies zwang mich, meine bis dahin reservierte Haltung aufzugeben und den, hauptsächlich durch den Exredakteur der „Kreuzzeitung“, Herrn Wagener von Dummerwitz, repräsentierten Regierungssozialismus offen zu bekämpfen und darzulegen, daß ein einseitiges Vorgehen gegen die Bourgeoisie bloß dem Junkertum zugute kommen würde, daß das in Aussicht gestellte allgemeine Stimmrecht ohne freies Vereins- und Versammlungsrecht und ohne Preßfreiheit nichts anderes sei,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/139&oldid=- (Version vom 14.3.2023)