Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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in den Reichstag kommen und daß für deren Magen von den Arbeitern gesorgt wird. Die große Masse der Arbeiter erblickt aber in dem Parlamentarismus, in dem Kampf mit dem Stimmzettel, keine Aussicht auf Besserung ihrer Verhältnisse. Nun sagt man, Attentate werden nur von vaterlandslosem Gesindel begangen. Das ist falsch. Wir deutschen Arbeiter haben mehr Patriotismus als die ganze Bourgeoisie, wenn wir auch den sogenannten heiligen Krieg nicht für einen heiligen, sondern für einen dynastischen Eroberungskrieg halten. Allein unsere Brüder in Frankreich haben schon 1830, 1848 und 1871 für die Befreiung der Arbeiter gekämpft. Sollen wir deutschen Arbeiter immer ruhig zusehen und die Kastanien aus dem Feuer für uns holen lassen? Und wenn wir nichts auf dem Wege der Revolution machen können, so muß dies auf andere Weise geschehen. Und wenn dies durch Attentate zu erreichen ist, so müssen eben Attentate begangen werden. Man wird einwenden: das ist doch aber schrecklich. Wie kann man Fürsten morden wollen? Es ist doch aber besser, daß einer stirbt, als daß viele Leute sterben. Wenn durch die Tötung eines Mannes bessere Zustände herbeigeführt werden, so darf man nicht zurückschrecken. Der Zweck heiligt eben das Mittel. – Ober-Reichsanwalt Dr. Freiherr von Seckendorf: Der Angeklagte hat hier den Fürstenmord als empfehlenswert bezeichnet; ich beantrage diese seine Äußerung zu protokollieren; ich werde alsdann gegen Reinsdorf die nötigen Strafen beantragen. – Vors.: Ich ersuche Sie, Herr Kanzleirat, diese letzten Worte des Angeklagten Reinsdorf zu Protokoll zu nehmen. – Reinsdorf fuhr fort: Ich habe bloß gesagt: „Der Zweck heiligt die Mittel,“ das ist ein jesuitischer Grundsatz, damit habe ich doch noch nicht den Fürstenmord als empfehlenswert bezeichnet. Ich wurde ja schon am Montag unterbrochen, weil befürchtet wurde, ich könnte eine Beleidigung gegen den deutschen Kaiser begehen. Das wollte ich nicht tun, ich wollte bloß
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/207&oldid=- (Version vom 20.7.2024)