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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/224

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

so geführt wurden, daß man in dem stillen Zimmer, wo Bachmann saß, wohl die Anwesenheit von Menschen merken mußte. Außerdem öffnete der Kellner Fricke wiederholt die zu dem Ärztezimmer führende Tür, um Bier in das Zimmer zu tragen. Daß Dynamit in dem Gefäß enthalten war, das ihm Reinsdorf gab und welche Wirkung Dynamit hat, konnte dem Bachmann einmal nach den vielen Unterredungen mit Reinsdorf und das anderemal nach der von ihm gepflegten Lektüre der „Freiheit“ nicht unbekannt sein. Ich wende mich nun zu dem zweiten Verbrechen, zu dem Attentate auf dem Niederwald. Reinsdorf hat offen bekundet, daß er den Rupsch zu diesem Attentat angestiftet hat, daß er ihm die nötigen Instruktionen gegeben hat; daß Reinsdorf sich der Tragweite seiner Handlungsweise bewußt war, unterliegt keinem Zweifel. Wie weit er den Küchler zu der Tat angestiftet hat, darüber hat uns Reinsdorf weniger Aufklärung gegeben. Als Täter dieses Verbrechens treten hier Rupsch und Küchler auf. Als man anfänglich hörte, daß dem Rupsch in dem letzten Momente das Gewissen schlug, und er deshalb die Ausführung des Verbrechens vereitelte, da konnte man es, solange man den Rupsch bloß oberflächlich kannte, glauben. Nachdem wir ihn hier aber von Angesicht zu Angesicht gesehen, muß man sagen, daß er im Gegenteil ein trotziger Verbrecher ist. Jeder Christenmensch wird unterscheiden können zwischen einem reuevollen Sünder und einem trotzigen Verbrecher. Ich habe aus dem Auftreten des Rupsch die Überzeugung gewonnen, daß er nicht ein verführter junger Mann ist, sondern daß er sich der Tragweite seiner Handlungen vollständig bewußt war. Wir haben gehört, daß er den extrem anarchistischen Anschauungen huldigte, daß er eifriger Leser der „Freiheit“ war, daß er von der Anfertigung von Dynamit sprach und einmal die Äußerung tat: „Es ist mir gleichgültig, ob ich so oder so ums Leben komme, sollte ich einmal ertappt werden, dann werde ich mich

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/224&oldid=- (Version vom 23.7.2024)