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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/246

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

dem Attentat an der Festhalle in Rüdesheim ist nur Rupsch und Küchler beteiligt. Dies wurde von den beiden letzteren erst geplant, nachdem das Attentat auf dem Niederwald mißlungen war. Der Gerichtshof hat auch hier als erwiesen erachtet, daß beide, Rupsch und Küchler gemeinschaftlich als Täter zu betrachten sind und daß sie die Absicht gehabt haben, einen Massenmord zu begehen, denn es waren zu dieser Zeit mindestens 1000 Menschen in der Festhalle anläßlich eines Konzerts versammelt. Daß das Dynamit 10 Schritt von der Festhalle gelegt wurde, ist nicht erwiesen, es ist vielmehr zeugeneidlich festgestellt, daß das Dynamit dicht unterhalb der Festhalle gelegt war und infolgedessen geeignet gewesen wäre, Menschen zu töten. Es ist deshalb dieses Verbrechens wegen gegen Küchler und Rupsch auf je 12 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust erkannt worden, während Reinsdorf und Holzhauer bezüglich dieses Verbrechens freizusprechen sind. Die Kosten des Verfahrens, insoweit auf Freisprechung erkannt ist, fallen der Reichskasse zur Last, die übrigen Kosten haben die verurteilten Angeklagten zu tragen. Die Angeklagten Söhngen, Rheinbach und Töllner sind sofort aus der Haft zu entlassen, die übrigen Angeklagten sind in Haft zu behalten. Ich schließe die Sitzung. – Angeklagter Reinsdorf hörte die Urteilsverkündung mit der größten Gleichgültigkeit an, Küchler und Rupsch dagegen drohten, als sie ihr Todesurteil vernahmen, förmlich zusammenzubrechen. Die freigesprochenen Angeklagten schüttelten den Verurteilten sämtlich zum Abschied freundlichst die Hand. – Rupsch wurde, seiner großen Jugend wegen, zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt. Reinsdorf und Küchler wurden an einem kalten Wintermorgen (Februar 1885) auf dem Hofe des Zuchthauses zu Halle a./S. hingerichtet. Zunächst wurde Reinsdorf zur Richtstätte geführt. Er sang mit ziemlich lauter Stimme: „Stiefel, du mußt sterben, bist noch so jung, jung, jung“. Als ihm die Henkersknechte das Hemd heruntergezogen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/246&oldid=- (Version vom 24.7.2024)