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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8

Erdhöhle bei Allenstein geboren. Sie sage auch aus der Hand wahr. Sie bestreite entschieden, Jänicke zu kennen, dagegen kannte sie die Bergner sehr gut. Sie habe sich von dieser mehrfach Blusen anfertigen lassen und ihr auch oftmals die Karten gelegt, wofür Fräulein Bergner je 30 bis 50 Pfennige bezahlte. Sie bestreite die Behauptung des Angeklagten, daß sie der Bergner den Talisman, den diese um den Hals getragen, geschenkt habe. Ebenso sei es unwahr, daß sie noch einen zweiten Talisman, in Gestalt einer Kokusnuß „gegen Neid und Mißgunst im Hause“ besitze.

Am zweiten Tage der Verhandlung bekundete Forstauf- seher Bohm: Er habe die Leiche der Bergner am 29. März im Walde, in unmittelbarer Nähe des Teufelsees gefunden. Die Leiche befand sich in grausigem Zustande. Die Verzerrung des Gesichts ließ darauf schließen, daß die Bergner an Krämpfen gestorben sei. – Handlungsgehilfe Luck, von der Firma Schütt & Kindermann, für die die Bergner gearbeitet hatte, bekundete: Die Bergner sei eine sehr fleißige, saubere Arbeiterin gewesen, die 20 bis 30 Mk. pro Woche verdiente. Sie hatte noch 25 Röcke zum Selbstkostenpreise von 10,50 Mk. per Rock in ihrer Wohnung, so daß die von dem Angeklagten gestohlene Ware einen Wert von 262,50 Mk. hatte. Der Angeklagte habe diese Waren in 2 Abteilungen für zusammen 29 Mk. versetzt. Die Bergner habe keineswegs „gehungert“, wie sie nach Jänickes Behauptungen gesagt haben soll, sie hatte von Weihnachten bis zu der Katastrophe 216 Mk. Arbeitslohn verdient.

Die hierauf vernommenen Lehrer des Knaben Misch bezeichneten diesen als fleißig und wahrheitsliebend. – Frau Beck: Bei der Bergner sei einmal ein junger Mann gewesen, der mit ihr in Beziehung zu stehen schien. Auf ihre Frage habe die Bergner gesagt, es sei ein Mann aus dem Hause in der Wiener Straße, wo sie früher gewohnt habe. – Der Verteidiger beantragte, durch Vermittelung des Berliner Polizeipräsidiums

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/315&oldid=- (Version vom 22.4.2024)