Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 8 (1913).djvu/321

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8

gewesen und in dem Augenblick, als es bei der Bergner anfing, allmählich zu dämmern, da hielt er es für geboten, sie um die Ecke zu bringen. Dazu war ihm das durch den Zeichner Just besorgte Gift willkommen. Wahrscheinlich habe er den noch teuflischeren Plan gehabt, nicht nur die Bergner, sondern auch den Just am Teufelssee zu vergiften, um beim Auffinden der Leichen den Anschein zu erwecken, daß es sich wieder um ein unglückliches Liebespaar handelte. Die Vorgänge am Teufelssee selbst stehen nach den durchaus glaubhaften Bekundungen des Knaben Misch absolut fest. Danach sei kein Zweifel, daß der Angeklagte ganz heimtückisch der Bergner das Gift beigebracht habe, und zwar zu dem Zwecke, sie als unbequeme Zeugin seiner Schwindeleien umzubringen und sich ihrer Habe zu bemächtigen. Unmittelbar nach der Tat sei er ganz planmäßig zum Diebstahl in der Bergnerschen Wohnung übergegangen und habe diesen Plan mit unbegreiflicher Verblendung weiter verfolgt, die ihm schließlich zum Verderben wurde. Der Staatsanwalt schloß mit dem Antrage, den Angeklagten des Mordes schuldig zu sprechen.

Der Verteidiger, Gerichtsassessor Dr. Baum, suchte nachzuweisen, daß der Angeklagte die Absicht der Tötung nicht gehabt habe. Der Angeklagte sei von der Zuverlässigkeit seiner Zauberkraft fest überzeugt gewesen. Es sei anzunehmen, daß er sich bei der Zusammensetzung seines Zaubertranks geirrt habe, mithin nur eine fahrlässige Tötung vorliege. Gegen die Annahme des Mordes spreche vor allen Dingen die Mitnahme des Misch. Auf dessen Verschwiegenheit konnte er doch gewiß nicht rechnen; es wäre ihm jedenfalls ein Leichtes gewesen, den Knaben von der Zauberszene fern zu halten. Der Verteidiger kam zu dem Ergebnis, daß nur fahrlässige Tötung vorliege und daß der Angeklagte nicht voll zurechnungsfähig sei.

Die Geschworenen bejahten nach einer kurzen Beratung die Schuldfrage wegen Mordes. Der Gerichtshof

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/321&oldid=- (Version vom 23.4.2024)