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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8
Fürst Bismarck gegen den Universitätsprofessor Dr. Theodor Mommsen

bringe, so beantrage ich doch eine strengere Strafe in Gestalt einer Geldstrafe von 450 Mark event. 30 Tagen Gefängnis. Gleichzeitig beantrage ich die Publikationsbefugnis für den Fürsten Bismarck, und zwar in Blättern der verschiedensten politischen Richtungen. – Vert. Justizrat Makower: Der Herr Staatsanwalt hat eine Beleidigung des Reichskanzlers in dem letzten Passus der Rede des Angeklagten gefunden. Der erste Richter hat sie verneint. Die Revision rügte, daß, wenn auch nicht eine direkte Beleidigung des Fürsten Bismarck gefunden wurde, so hätte geprüft werden müssen, ob Fürst Bismarck durch den Angriff auf den Kreis einer größeren Anzahl von Personen nicht mitbeleidigt worden sei. Das Reichsgericht hat das erste Urteil aufgehoben, weil diese Frage nicht geprüft worden sei. Deshalb wird sich die Feststellung darauf zu richten haben, ob der Reichskanzler unmittelbar und ob er in einem Kreise von Personen mitbeleidigt sei. Zunächst nehme ich für meinen Mandanten in Anspruch, daß er das, was er hat sagen wollen, auch genau ausgedrückt hat, daß sich also Ausdruck und Gedanke vollständig decken. Was hat nun der Angeklagte gesagt? Der Verteidiger verlas den inkriminierten Passus und fuhr alsdann fort: Der letzte Ausdruck „eine Politik des Schwindels“ scheint den meisten Anstoß erregt zu haben. Aber ohne Grund. Es scheint der Ausdruck „Schwindel“ mit dem der Schwindelei verwechselt zu sein. Schwindel nennt man ein Versprechen, welches nicht gehalten werden kann. Dieses Wort ist gleichbedeutend mit „leer, inhaltlos, dunkel, verworren“. Das Wort „Schwindel“ kommt in der Schriftsprache häufig vor und ist keineswegs gleichbedeutend mit „Schwindelei“. Dies beweist Fürst Bismarck selbst, der in seinen gedruckt erschienenen Briefen an seine Gemahlin das Wort „Schwindel“ sehr häufig benutzt und vom „Souveränitätsschwindel“ der Fürsten, vom „Gleichheitsschwindel der Regierungen“, vom „Wahlschwindel der Völker“ spricht, ohne damit doch die

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)