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Durch die Ablehnung Hartmann's wurde die Gemeinde genöthigt, sich nah einem andern Candidaten für die erledigte Pfarrstelle umzusehen. Bergrath Oettershagen lenkte ihren Blick auf den damaligen Pastor zu Hülsenbush, Johann Friedrich Heinrich Westhoff, mit dessen Vater, dem Pastor Westhoff in Rade vorm Wald, er befreundet war. Westhoff lehnte es ab, in Rosbach zu predigen, erklärte sich aber, nachdem Deputirte der Gemeinde ihn in Hülsenbusch gehört hatten, und nachdem ihm die Zusicherung gegeben worden war, das einige von ihm gestellte Bedingungen event. erfüllt werden sollten, zur Annahme einer auf ihn fallenden Wahl bereit. Dieselbe erfolgte ohne die gewöhnlichen Formalitäten am 18. Juni 1778 mit Einhelligkeit, wurde am 19. Juni durch den Inspektor Moes in Leuscheid genehmigt und erhielt unterm 15. Juli das Placitum des Churfürsten Karl Theodor. Auch Westhoff wird noch auf die unveränderte Augsburgische Confession berufen und verpflichtet.

Westhoffs Zeit ist charakterisirt durch das Zurücktreten der kirchlichen Interessen hinter die staatlichen und politischen Interessen. Es ist eine politisch bewegte Zeit, wie keine zuvor. Ich erinnere an die französische Revolution von 1789, an den Tod Karl Theodors 1799, dessen Nachfolger der Churfürst Maximilian Joseph von Bayern 1806 die Königswürde aus Napoleons Händen empfing und das Land der Berge der französischen Herrschaft unter Joachim Murat überlieferte; ferner an den Untergang des deutschen Kaiserthums, an die Zeit der Erniedrigung Deutschlands, aber auch seiner glorreichen Erhebung in den Freiheitskriegen, in Folge deren dann am 15. Mai 1815 unser bergisches Land an Preußen fiel. Es ist eine Zeit, welche zum Theil den ältesten Gliedern der Gemeinde nach dem, was sie von den Vätern gehört oder selbst noch erlebt haben, bekannter ist. Wir beschränken uns deshalb auf die Mittheilung einiger Einzelheiten, wie sie für uns ein besonderes Gemeindeinteresse haben.

Im Jahre 1791 zählte die Gemeinde 1734 Seelen. 1795 am 16. September, so entnehmen wir den Aufzeichnungen des verstorbenen Johann Gerhard Gerhards auf dem Wieshof, kamen nach dem Rheinübergang die ersten Franzosen, etwa 4000 Mann, unter Anführung des später so berühmt gewordenen Marschalls Ney nah Rosbach. Ney quartirte sich im Pfarrhause ein, während die übrigen Soldaten in den andern Häusern Quartiere bezogen oder auf den Wiesen lagerten. Die Leute hier, welche so lange die Segnungen des Friedens genossen hatten und größtentheils glücklich, einfach und im Ganzen zufrieden lebten, sahen mit sehr verschiedenen Hoffnungen und Erwartungen den Franken entgegen. Man hatte ihnen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit

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Josua Julius Garschagen: Die evangelische Gemeinde Rosbach a. d. Sieg. Albert Pfeiffer, Solingen 1884, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GarschagenRosbach1884.pdf/32&oldid=- (Version vom 7.4.2021)