Seite:Geistliche Oden und Lieder-Gellert.djvu/147

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Passionslied.

Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken,
Mich in das Meer der Liebe zu versenken,
Die dich bewog, von aller Schuld des Bösen
 Uns zu erlösen!

5
Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden,

Und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden;
An unsrer Statt gemartert und zerschlagen,
 Die Sünde tragen;

Welch wundervoll hochheiliges Geschäfte!

10
Sinn ich ihm nach: so zagen meine Kräfte,

Mein Herz erbebt; ich seh und ich empfinde
 Den Fluch der Sünde.

Gott ist gerecht, ein Rächer alles Bösen.
Gott ist die Lieb und läßt die Welt erlösen.

15
Dieß kann mein Geist, mit Schrecken und Entzücken,

 Am Kreuz erblicken.

Es schlägt den Stolz und mein Verdienst danieder.
Es stürzt mich tief, und es erhebt mich wieder;
Lehrt mich mein Glück, macht mich aus Gottes Feinde

20
 Zu Gottes Freunde.


Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder. in der Weidmannischen Handlung, Leipzig 1757, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geistliche_Oden_und_Lieder-Gellert.djvu/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)