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wobei er allerdings mitunter höchst interessante Episoden aus dem Treiben der kaukasischen Bergbewohner schildert. Es ist das ein noch junger, begabter und sehr fruchtbarer Erzähler, der in kurzer Zeit der Liebling der georgischen Leserwelt geworden und dessen Novellen fast ununterbrochen das Feuilleton der Zeitung „Dronba“ („Die Zeit“) füllen. Den Stoff holt er sich stets aus den kaukasischen Bergen, weshalb auch seine Erzählungen eine seltene Naturfrische besitzen, aber an einer fast schematischen Wiederholung der Fabel leiden. Die Menschen, die er schildert, sind noch treue Kinder der Natur, leidenschaftlich, ungestüm, mitunter roh, aber auch edel, tapfer und tugendhaft. Mit viel dichterischer Begabung malt Motschchubaridse die Naturschönheiten der Gebirgslandschaften und diese Schilderungen übertreffen bei weitem seine Charakterzeichnungen.

Auch die historische Erzählung hat schon in der georgischen Litteratur Eingang gefunden, obwohl alle derartigen Werke noch viel zu wünschen übrig lassen. Rtscheulis historische Romane „Königin Tamara“ und „Königin Anuka“ sind die gelesensten.

Im Ganzen genommen ist die georgische Belletristik noch im Werden begriffen und wenn auch so tüchtige Schriftsteller wie Akaki Zereteli an ihrer Förderung arbeiten, ist sie doch noch nicht zur künstlerischen Vollendung gelangt.

Der neueste Zweig des georgischen Schrifttums ist die dramatische Poesie, die erst mit der Errichtung des georgischen Theaters im Jahre 1850 aufkam. Ihr Schöpfer war der Dichter Georg Eristawi, welcher auch die Nationalbühne gründete und zwar begann er hierbei nicht mit der Zurechtschneidung fremder Schwanke und Possen, sondern suchte gleich dem Theater eine nationale Grundlage zu geben, indem er mehrere Lustspiele verfasste, denen das georgische Leben zum Vorwurfe diente. Auf

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/131&oldid=- (Version vom 1.8.2018)