Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges | |
|
Schlacht aus der Hand Bayards, des Ritters ohne Furcht und Tadel, unter feierlichen Zeremonien die Insignien des Ritterstandes. In unserer Zeit aber suchen tapfere und des Krieges kundige Männer nicht mehr zur Ritterwürde zu gelangen, weil sie nicht mehr wie ehemals, verdienstvollen Männern, sondern Günstlingen von Fürsten verliehen wird. Sie suchen diese Würde durch ihren Reichtum zu erkaufen, um vor andern einen Vorrang zu haben. Zeugnisse ihrer Tapferkeit besitzen sie nicht und die Zeremonie wird dadurch nichts weiter, als ein müßiges Schaugepränge. Der Kaiser oder Herzog zieht sein Schwert und läßt es leicht auf die Schulter des Ritters gleiten. Mit diesem Ritterschlag werden Würde und Insignien jedem ohne Unterschied zuteil.
Um dieselbe Zeit ließen sich die Cimbern zugleich mit den Sachsen, zum christlichen Glauben bekehren und entsagten jedem heidnischen Götzendienst. Früher verehrten sie die Sonne und den Mond und andere falsche Götter und beteten sie in heiligen Hainen an. Sie konnten sich nicht denken, daß man ein himmlisches und unsterbliches Wesen in Häuser einschließen könne, die von Menschenhänden gemacht sind. Ueber die Unsterblichkeit der Seele hatten sie die richtigen Begriffe, da die Lehre von dem Stammvater Gomer auf sie vererbt war. Es galt bei ihnen die Ehe eines Mannes mit einer Frau. Nach dem Tode der Frau heirateten sie selten zum zweiten Male. Aber sorgfältig sahen sie darauf, daß ihre Frauen ihnen ebenbürtig waren. Vermischung mit anderen Ständen oder mit fremden Völkerschaften gab sie der Schande und Verachtung preis. Diejenigen, welche des Ehebruchs angeklagt und überführt wurden, straften sie in einer besonderen Weise, damit nur das edle Blut ihrer Vorfahren bewahrt bliebe. Die Sitte, wie sie Recht und Gerechtigkeit übten, war folgende: Der ganze Stamm, in gewisse Bezirke oder Kurien eingeteilt, kam, nach vorheriger Bestimmung von Zeit und Ort, unter freiem Himmel zusammen. Jeder freie Mann erschien in Kriegsrüstung, und die Edlen des Distriktes fungierten als Zeugen und sorgten für Ruhe und Sicherheit außerhalb der Gerichtsstätte. Die Streitenden traten in die
Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges. Heider Anzeiger G. m. b. H., Heide 1914, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dithmarscher_Krieges.djvu/028&oldid=- (Version vom 16.4.2023)