Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges | |
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die Asche in Urnen zu sammeln. Spuren dieser Gewohnheit finden sich noch in unserem Jahrhundert.[1] Auf ihr Wort, ihre Verträge, ihre Taten, hielten sie mit der grössten Treue. Ihre Sündhaftigkeit und Wahrhaftigkeit war bewunderungswürdig. Es galt für schimpflich und ehrlos, in den geringfügigsten Dingen unzuverlässig zu sein. Solche Tugenden, von den edelsten Vorfahren auf die Nachkommen vererbt, können nie ganz verloren gehen und werden sich durch die Jahrhunderte bewähren. Nichts halten sie für schimpflicher, als das gegebene Wort zu brechen. Wer sich nicht scheut, es dennoch zu tun, den trifft öffentliche Schande und Verachtung. Die Weiber pflegen sie im Kriege zu begleiten. Sie waren in Heilkunst und Zauberei bewandert und prophezeiten den Ausgang der Schlachten. Auch in diesem Kriege, den zu beschreiben wir uns vorgenommen haben, sollen die dithmarscher Frauen dessen Ende vorausgesehen haben. Nach Julius Cäsar hat dieser Brauch auch bei den Germanen bestanden. Mütter und Matronen bestimmten durch das Los, ob es ratsam sei, eine Schlacht zu schlagen oder nicht. Die Männer fügten sich meist dem Orakel. Im Verteidigungskriege feuerten die Frauen ihre Männer zum Widerstände an und zogen den Tod der Gefangenschaft vor. Die Flucht war für den Mann vollständige Vernichtung. Er durfte nicht in sein Vaterland zurückkehren. Ihren Lebensunterhalt suchten sie sich mehr durch Handel als durch Ackerbau zu verschaffen.
Die Halbinsel war, wie gesagt, ebenes, sumpfiges und waldiges Land. Das Besitztum der Einwohner bestand größtenteils in Weiden, Aeckern, Seen und Waldungen und ward nach freiem Belieben benutzt. Die Bauern waren noch nicht, wie es jetzt der Fall ist, mit Diensten beschwert, die sie dem Adel leisten mußten. Dies wurde erst allmählich von denen eingeführt, die die ursprünglichen Einwohner von diesen Küsten vertrieben hatten. Hinzufügen will ich noch, daß die Dithmarscher Bauern ihre eigenen Besitzungen haben, die vom Vater auf den Sohn vererben,
- ↑ Es erregt Verwunderung, daß Heinrich Rantzau noch im 16. Jahrhundert von der Leichenverbrennung als Gewohnheit spricht.
Heinrich Rantzau: Geschichte des Dithmarscher Krieges. Heider Anzeiger G. m. b. H., Heide 1914, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dithmarscher_Krieges.djvu/030&oldid=- (Version vom 16.4.2023)