Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S032.jpg

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exercitio und Gottesdienst belassen, als lieb einem Jeden sey, bey unser und des Reichs schwerer Ungnad und bedroht mit schwerer Straff und dazu mit ainer pein nemblich vierzig Markh lötiges Goldts.

Mit Recht bemerkt Baumann in seiner „Gesch. d. Allgäus“, Bd. III, S. 395: „Es ist rätselhaft, wie das Stift Kempten ruhig zusah, wie Philipp von Pappenheim, der ja doch nur Vasall und Lehensträger des Fürstabtes in Kempten war, also nicht Landesherr, das jus reformandi beanspruchen und widerspruchslos ausüben und so die Glaubensspaltung in Grönenbach aufrichten konnte. Landesherr mit Lehenshoheit, mit jus regale, mit hoher Gerichtsbarkeit, Blutbann und malefizischer Gerichtsbarkeit über Grönenbach-Rotenstein war der Fürstabt in Kempten, dem allein dieses Recht zugestanden hätte. Ebenso bleibt rätselhaft, wie Philipp es wagen durfte, das kalvinische Bekenntnis, das damals im Reiche noch nicht anerkannt und zugelassen war, unbeanstandet hier einzuführen.“ Eine Erklärung dieses letzten Punktes dürfte wohl in dem Bittschreiben Alexanders von Pappenheim an den Kaiser Rudolph II. de anno 1601 um Aufrichtung eines Konservatoriums für das Chorherrenstift in Grönenbach zu finden sein, indem derselbe schreibt, „daß Philipp von Pappenheim vor ettlich viel Jahren unter dem Schein damals zugelassener Augspurger Confession (seit 1559) der Calvinischen Sect sich anhängig gemacht etc. …“ Also per dolum auf Umwegen und Schleichwegen gleichsam wollte Alexander von Pappenheim besagen, kam das Helvetische Bekenntnis hieher und zur Einführung.

Ob die damaligen Untertanen Philipps von Pappenheim ganz so gutmütig und ganz so freiwillig sich dieser Umänderung in Glaubenssachen gefügt, oder ob mit Gewalt, Druck und Androhung von Exilierung und Rückforderung der leibfälligen Güter vorgegangen wurde, darüber sind bislang in den Akten keine direkten Angaben gefunden worden[1].

  1. Bischöfl. Archiv Augsburg (Brief von Bonaventura Fugger an den Weihbischof am 12. Jänner 1661) sagt: „Alles, was in der Ravenspurger Signatur wie auch zuvor bey der Friedens Execution zu Grönenbach wider die cath. Religion in favorem der calvienischen ist gehandelt und verabschiedet worden ist durch die Herrschaft Rotenstein ainig und allein erpraktiziert und zuwege gebracht worden und ist es die Rotensteinische Herrschaft, welche alle mitel und weg gesuecht, das Calvinische exercitium an diesen Orthen einzufihren und deßwegen ihre Unterthanen beim Zeugenverhör als Zeug vorgeschuezt und iurato abhören lassen, daß sei anno 1624 ain calvinischer praedicant alda gewesen, auch durch solche meineidige Attestation die Kayserl. Executores hinterschlichen und verführt, daß sie alles widrige Remonstrieren hintangesetzt, das Calvinische Exercitium zu Grönenbach eingesetzt und bei der Ravenspurger Commission confirmirt und manutenirt haben.“