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19. Zeugenvernehmung in Grönenbach am 27. April 1649.

Es erfolgte nun am 27. April 1649 in Grönenbach in Gegenwart eines katholischen Notars, M. Johannes Hainle, papalis et imperialis Notarii, und Jakob Schüz, Kaiserlicher Notar, lutherischen Bekenntnisses im Wirtshaus daselbst die Zeugenvernehmung, wie es in Grönenbach am 1. Jänner 1624 in der Spitalkirche war. Von seiten des Fürstabtes waren zugelassen H. Johann Rudolph Schad von Bellmont, Doktor der Rechten und Kanzler, und H. Georg Haimb, fürstlicher Rat und Rentmeister; von gräfl. Fuggerscher Seite H. Valentin Zeis, gräflicher Verwalter, von seiten Pappenheims H. Joseph Jenisch, der Rechten Lizenziat und Memminger Rats-Advokat und der pappenheimsche Verwalter Georg Weidlin.

An die Zeugen wurden 3 Fragen gerichtet: „1°. Weß Underthan der Zeuge seye? 2°. Welcher Religion Er zugethan sey? 3°. Ob den 1. January anno 1624 das Exercitium der reformierten Lehr in der Spitalkirchen alhie geübt worden oder nit?“

Von katholischer Seite wurden 26 Zeugen, von reformierter Seite 17 Zeugen vernommen. Dieses Zeugenverhör war von der höchsten Wichtigkeit. – Sein oder Nichtsein hieß es für die Reformierten in Grönenbach. Es war ein Kampf ums Dasein; denn hätte das Zeugenverhör ergeben, daß am 1. Jänner 1624 das Calvinische Religionsexerzitium nicht öffentlich stattgefunden, würde der Schiedspruch der zwei kaiserlichen Kommissäre das Todesurteil für das helvetische Bekenntnis gewesen sein, das dann vielleicht noch einige Jahre oder Jahrzehnte ein kümmerliches Winkeldasein gefristet und dann eingegangen wäre. Die Hoffnung, die der gräfliche Verwalter Zeis in seinem Briefe an seine gnädige Frau Gräfin vom 26. April 1649 ausdrückte bezüglich der von ihm benannten 26 Zeugen, erfüllte sich nicht, indem diese 26 Zeugen es nicht auf ihren Eid mit gutem Gewissen nehmen zu können glaubten, ganz bestimmt vom 1. Jänner 1624 diese Begebenheit der Ausübung des Calvinischen Exerzitiums bejahen oder verneinen zu sollen. Es ist ja auch begreiflich, wenn nach Umfluß von 25 Jahren gefragt wird, was vor 25 Jahren am 1. Jänner geschehen, wird es wohl jedem beschwerlich, wenn nicht bereits unmöglich sein, zu behaupten: Das und das ist gerade an dem oder dem Tage vor 25 Jahren geschehen. So dürfte es auffallen, daß von den 17 Gezeugen, die die Reformierten stellten, so prägnante und präzise und bestimmte Aussagen und Behauptungen gemacht worden; zudem, da tatsächlich, wie gleich erwiesen werden wird,